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Karneval in Berlin: Es wird toll

Die Narren sind bereit für den Straßenkampf. Am Sonntag regiert der Karneval die City West. Die Veranstalter rechnen mit über einer Million Menschen, die am Rande des Umzugs Kamelle sammeln werden.

Im Karneval schlüpfen Hartz-IV-Empfänger in Königsmäntel, Manager verkleiden sich als Bettler. Die Umkehr gesellschaftlicher Verhältnisse auf Zeit machte schon Vorläufer wie die Saturnalien aus, zu denen römische Sklaven für einen Tag Herren sein durften. Der Berliner Zug am kommenden Sonntag, 3. Februar, setzt die Andersherum-Tradition noch auf andere Weise fort. „Die Route ist die gleiche wie vergangenes Jahr – nur umgekehrt“, erklärt Harald Grunert, Vorsitzender des Vereins Karnevals-Zug Berlin. Etwa 60 Festwagen, 15 Musikzüge und insgesamt rund 3000 Narren ziehen um 11.11 Uhr am Ernst-Reuter-Platz los und dann die Hardenberg- und Kurfürstenstraße entlang. Sie biegen am Wittenbergplatz in die Tauentzienstraße ein. Dann laufen und tuckern die Jecken den Kurfürstendamm auf und ab, bis sie ihr Ziel Joachimsthalerstraße erreichen. Dort steigt im „Q-Dorf“ eine Party bis in die Puppen.

Die Veranstalter rechnen damit, dass wie 2007 über eine Million Menschen den Zug säumen wird. Ein Viertel davon dürften Kinder sein, die sich erstmals auf beiden Seiten des Ku’damms um Bonbons balgen können. Wer will, kann sich von Donnerstag bis Samstag am Breitscheidplatz auf den Höhepunkt der fröhlichen Saison einstimmen. Jeweils nachmittags ist dort auf einer Bühne närrisches Treiben mit Oldies und Tanzgarden geboten.

Zum zweiten Mal hintereinander mischen Karnevalisten aus Berlin und Brandenburg den Westen der Stadt auf. Zuvor hatten die Narren, die erst seit 2001 in der Hauptstadt für Jux nach rheinischem Vorbild sorgen, ihr Treiben auf Mitte konzentriert. Vielen Berlinern liegt Karneval nicht im Blut. Deshalb wirbt Grunert darum, auch als Zaungast kostümiert zu erscheinen. Wenn am Sonntag am Bahnhof Zoo der Ruf „Berlin hei-jo“ erschallt, nervt das nicht nur Karnevalsmuffel: Der Trubel beeinträchtigt auch den Straßenverkehr. Für Anwohner ist am Sonntag eine Hotline unter 0160-6431286 eingerichtet. Im Internet gibt es Informationen unter www.karnevals-zug-berlin.de.

Beim Zug ist auch das Berliner Prinzenpaar, Gerti I. und Martin I., zu bewundern. Dem Prinzen, der bürgerlich Martin Hortig heißt, ist unter seiner Kappe mit den Fasanenfedern der Frohsinn ins Gesicht gemeißelt. Der verflüchtigt sich, wenn er über Berliner Politik spricht. Dass der etwa 60 000 Euro teure Zug der Karnevalisten – anders als der Karneval der Kulturen oder Christopher Street Day – ohne öffentliche Gelder auskommen muss, ärgert den Jecken. Ebenso, dass die Schulverwaltung einem Kinderprinzenpaar keine unterrichtsfreien Stunden zum Einstudieren von Tänzen erlauben würde. Martin I. formuliert seine Kritik an Klaus Wowereit (SPD) aber nur indirekt: „Die Haltung des Regierenden Bürgermeisters zum Karneval stößt in den Hochburgen im Rheinland auf Unverständnis“, murrt der Prinz ohne jeglichen Schalk. Werner Kurzlechner

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