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Stadtleben: Kiss me, Kate

FILMPREMIERE Winslet & Co. werden für den „Vorleser“ gefeiert – und plaudern über Liebesszenen, die Arbeit sind

Am Abend also, für den roten Teppich, das kleine Schwarze. Aber was heißt hier klein! Ein hochraffiniertes Gebilde, geschichtet, gefaltet, gebunden und gewunden, ausgesprochen dekorativ trotz der nicht gerade lebhaften Farbgebung – ein wahres Meisterwerk der Stoffgestaltung, das Kate Winslet für die Premiere von „Der Vorleser“ am Freitag im Berlinale-Palast gewählt hatte. Und dazu in der Verhüllung des Körpers wohldosiert, oben und unten genial in der Kunst des Weglassens. Gut also, dass es am Teppich Heizstrahler gab. Auch Ralph Fiennes, David Kross, Regisseur Stephen Daldry, Drehbuchautor David Hare und nicht zuletzt Bernhard Schlink, Autor der Romanvorlage, werden das begrüßt haben, die anderen Gäste ebenfalls, darunter Robert Stadlober, Katarina Witt, Detlev Buck und nun auch Klaus Wowereit.

Am Nachmittag, bei der Pressekonferenz in Grand Hyatt, hatte Kate Winslet noch vergleichsweise züchtig ausgesehen, Jeans, schwarzes Top, darüber einen wieder sehr geschmackvollen Blazer in Schwarz und Grau. Eine unterhaltsame Fragestunde, besonders im Detail. Etwa dieses: Eine winzige Geste nur, leicht zu übersehen. Die Pressekonferenz lief schon eine ganze Weile, die Aufmerksamkeit richtete sich vielleicht gerade auf Ralph Fiennes, egal, jedenfalls nicht auf Kate Winslet. Und so neigte sie sich kurz nach rechts, flüsterte ihrem jungen Vorleser David Kross etwas ins Ohr, berührte ihn leicht am Arm, nicht zärtlich, aber doch vertraut, kameradschaftlich sozusagen, bevor sie sich wieder der Menschenwand vor ihr zuwandte, hochkonzentriert, präzise in den Antworten.

Ein kleiner Blick in das Miteinander des schon im Alter so ungleichen Filmpaares, der vielleicht mehr sagte als alle Worte. Von denen gab es jede Menge, vorsorglich hatte sich Kate Winslet gleich zu Beginn ein Glas Wasser eingegossen. Solch eine wissbegierige Journalistenschar begnügt sich nicht mit Gesten, will es konkreter wissen, gerade wenn es um Liebesszenen geht. Mit denen hat Kate Winslet kein Problem. Nicht dass es sonderlich Spaß mache, aber es ist für sie eben „Teil meiner Arbeit“, gerade bei einem Stoff wie „Der Vorleser“, einer Liebesgeschichte mit allem Drum und Dran, „und das erledige ich einfach.“ Diesmal unter besonderen Umständen, da David Kross mit solchen Szenen kaum Erfahrung hatte, wie das ja anfangs auch bei ihr der Fall war. Und so hat sie eben sichergestellt, dass er genau wusste, was auf dem Set passiert, wie viele Leute dabei sind – mit Erfolg: „Er war brillant in dieser Rolle. Wir haben uns sehr amüsiert.“

Die Schwierigkeiten der Rolle lagen ganz woanders: „die Balance zu finden zwischen Hannas Scham als Analphabetin und ihren späteren Schuldgefühlen als ehemalige KZ-Wärterin“. Diese Scham sei zentral für die Figur, die sie trotz allem „auch als Mensch, der Wärme gibt und Liebe empfindet“ spielen wollte. Das Buch kannte sie seit sechs Jahren, war davon „sehr bewegt“ – ein Glück also für Kate, die die Schauspielerei als ihre „große Passion“ preist, dass die zunächst vorgesehene Nicole Kidman wegen Schwangerschaft ausfiel. Und vor allem: Ein Glück für die Zuschauer.

 Andreas Conrad

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