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Stadtleben: Kleiner Kreisverkehr

Modelleisenbahnen lassen nicht nur Kinderaugen leuchten – das zeigt das Loxx im Alexa

Gott, wenn das der Mehdorn sehen würde! Es ist 12.51 Uhr, die Menschen stehen fröhlich auf dem Weihnachtsmarkt am Bahnhof Zoo, die Buden sind festlich geschmückt, da rollt ein ICE über die Brücke an der Kantstraße heran – und hält in der Bahnhofshalle. Planmäßig!

Nun, wahrscheinlich ist es den Kindern, die hier ganz oben in der dritten Etage des Einkaufszentrums „Alexa“ stehen, herzlich egal, welch’ Drama sich vor eineinhalb Jahren in West-Berlin abspielte, als der verrucht-legendäre Bahnhof vom Fernverkehr abgekoppelt wurde. Sie wollen rollende und haltende Züge sehen, egal wo. Und dass das Stellwerk „Darmstadt“ nur zehn Meter von Berlin entfernt liegt, geschenkt. So ist nun mal der Alltag in der Modelleisenbahnanlage „Loxx“.

Während im realen Leben der Weihnachtsmarkt vor dem gigantischen Kaufhaus einen eher kümmerlichen Eindruck hinterlässt, ist das Erstaunen an der Modellbahnplatte groß. Mehr als vier Kilometer Mini-Gleise liegen dort, 400 Züge rollen durch Tunnel, Wälder und Innenstädte (nur Meer gibt es nicht). 45 000 Bäumchen haben die Macher auf den Plastikwaldboden geklebt, 50 000 Figürchen stehen herum. Und 40 Polizeiwagen bewachen mit Blaulicht die „Air Force One“ des US-Präsidenten auf dem Miniatur-Flughafen.

Erstaunlich ist: Die Erwachsenen sind genauso entzückt wie ihre Kinder. Opas stehen mit ihren Enkeln an der Eisenbahnplatte, Väter starren auf den nachgebauten Hackeschen Markt und Mütter, denen Eisenbahnen vermutlich eher egal sind, hören dem Poprockkonzert zu auf dem Festivalgelände en miniature.

Alle 20 Minuten wird es Nacht in der Mini-Welt am Alexanderplatz, dann erstrahlen mehr als 18 000 Lämpchen. Faszinierend und wunderschön ist das, auch wenn Modelleisenbahnexperten schon mal darauf hinweisen, dass eine ähnliche Anlage in Hamburg viel, viel größer sei.

Seit Jahrzehnten spielen die Menschen, vor allem die Jungs, mit kleinen Eisenbahnen; Modellbahnplatten werden von Großvätern sogar vererbt. Es sind sehr persönliche Weihnachtsgeschenke, weil enorm viel Zeit und Leidenschaften in diese Anlagen gesteckt wurde. Dabei fahren Eisenbahnen in Deutschland erst seit 1835, damals zwischen Nürnberg und Fürth. Die schnaufenden Ungetüme müssen faszinierend gewesen sein: Denn schnell wurden die ersten Modelleisenbahnen aus Blech nachgebaut; die Firma Märklin etwa begann 1890 mit dem Spielzeugbau; ihre vorgegebenen Spurbreiten „0“ bis „3“ sind noch immer gültig.

Warum Modellbahnen zu Weihnachten so gerne verschenkt werden, hat wohl einen banalen Grund, mal abgesehen von der feierlichen Geschenkzeremonie: Es ist die Zeit der winterlichen Kälte. Zeit, um in Kellern und auf Dachböden zu basteln. Modellbahnen an der frischen Luft sind lange nicht so populär, mal abgesehen von Legoland.

Die Spurweiten werden immer kleiner, die Details perfekter. In der Anlage „Loxx“ etwa ist der Maßstab 1:87, groß genug, um staunend zu sehen, wie am nachgebauten Haus des Lehrers plötzlich der Hertha-Mannschaftsbus um die Ecke biegt; wie ein Pärchen versteckt am Waldweg knutscht. Es geht nämlich um mehr als Loks und Gleise, es geht um die Geschichten neben der Pufferküsserwelt.

Wer nun aber den Storch mit dem Baby im Schnabel – witzig versteckt im Baumwipfel, neben einem Krankenwagen – nicht entdeckt, der kann sich den neuen, großen Flughafen angucken. Dort heben alle halbe Stunde Miniatur-Flugzeuge mit mächtigem Donnern in die Wolken ab (verbunden über eine durchsichtige Plastikrampe). Derzeit entsteht das Regierungsviertel auf einer weiteren Platte. Das Brandenburger Tor ist schon fertig, der Reichstag ebenfalls. Der große Berliner Mini-Hauptbahnhof soll im Sommer 2008 eröffnet werden. Mal sehen, ob dann der ICE noch am Bahnhof Zoo hält.

Die Anlage „Loxx“ ist an allen Tagen im Jahr von 10 bis 19 Uhr geöffnet, auch sonntags. Nur am 24. und 31. Dezember wird die Anlage um 16 Uhr geschlossen; Eintritt: 8,90 Euro. Kinder zwischen 9 und 14 Jahre: 4,50 Euro. Rentner und Schüler: 7,50 Euro. www.loxx-berlin.com

André Görke

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