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Baselitz-Gemälde

© ddp

Kunstwerke: Jungbullen und Baselitz

Evangelische Kirche versteigerte Kunstwerke Erlös von 30.000 Euro geht an Flüchtlingsprojekte.

Detlef Gosselck hatte sein Luther-Erlebnis. „Hier stehe ich, vier Stunden lang und ohne Thesen“, sagte der Mann mit dem schwarzen Schlapphut in der Kreuzberger Heilig-Kreuz-Kirche. Dort lief gestern die zwölfte Kunstauktion der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg. Und wie in den vergangenen Jahren war es der Maler und Autor, der mit frechen Bemerkungen die Kauflust des Publikums in die Höhe trieb. Unter dem Strich kamen bei der Auktion diesmal 30 000 Euro zusammen. Mit der Summe werden nun kirchliche Projekte für Flüchtlinge und Migranten unterstützt.

Eine im Katalog mit 400 Euro angebotene Baselitz- Grafik kam für 1170 Euro unter den Hammer, und auch für die 15 mal 26 Zentimeter große Terracotta-Statue eines „Jungbullen auf Amrums Weide“ fand sich ein Käufer – schließlich hatte Gosselck ja auch nach Menschen „mit einer kunstvollen LPG-Vergangenheit“ und „Anwälten, die schon immer einen Bullen auf dem Schreibtisch haben wollten“, gesucht.

Die heimlichen Helden des Tages aber waren David und Jonathan, zwei Berliner Jungen, denen ihre Mutter Papier und Stifte zum Zeitvertreib während der Auktion gegeben hatte. Zwischen zwei Gemälden liefen sie stolz nach vorn zum Moderator und überreichten ihm die eigenen Werke. Und natürlich fand Gosselck auch dafür seine Käufer – für Davids „Regenbogenzwiebel“ sogar einen der beiden Schirmherren der Auktion, Bischof Wolfgang Huber. Der kritisierte dabei auch die „zwiespältigen“ Neuregelungen des Aufenthaltsrechts: Einerseits sei es zu begrüßen, dass die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung an die Fähigkeit gebunden werde, den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen. Schließlich habe er selbst früher junge Flüchtlinge begleitet, die darunter litten, keine Arbeitsgenehmigung zu haben. „Aber dabei dürfen wir auch die nicht aus dem Blick verlieren, die etwa wegen einer Krankheit objektiv keine Möglichkeit haben, selbst ihren Lebensunterhalt zu verdienen.“

Von den rund 600 Menschen in der Heilig-Kreuz-Kirche erntete er dafür Beifall, ebenso wie für die Feststellung, dass der Termin der kirchlichen Auktion für ihn genauso in den Kalender gehöre wie der erste Advent. Denn die meisten Besucher waren Stammgäste. Sie haben schon in den vergangenen elf Jahren mit ihren Geboten dazu beigetragen, dass bei den bisherigen Kunstauktionen insgesamt rund 320 000 Euro zusammenkamen.

„Schon Detlef Gosselcks und seiner Sprüche wegen lohnt es sich jedes Jahr wieder“, sagte die Autorin und Buchhändlerin Antje Leschonski. Und dann schaute sie dem Auktionator dabei zu, wie er für die meisten der etwa 130 Kunstwerke einen neuen, glücklichen Besitzer fand. Benjamin Lassiwe

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