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Literatur: Tod eines Friedhofswärters

Der Mann hat Ambitionen. Moritz Wulf Lange schickt einen Detektiv auf die Berliner Straßen, dem er offenbar eine Karriere zutraut.

Der Mann hat Ambitionen. Moritz Wulf Lange schickt einen Detektiv auf die Berliner Straßen, dem er offenbar eine Karriere zutraut. Max Dallinger heißt der Mann, sein erster Fall trägt den Titel eines der düstersten Gedichte Gottfried Benns. Der Fall, den Detektiv Dallinger lösen soll, führt ihn auf einen der unprominenteren Berliner Friedhöfe: Ein alter Mann wird ermordet, ein Friedhofswärter. Dallinger war von seinem wohlhabenden Lieblingsonkel gebeten worden, sich um den Alten zu kümmern – und hätte den Mord verhindern können. Doch statt auf einen Notruf des Friedhofswärters sofort zu reagieren, telefonierte Dallinger hinter seiner Freundin her, mit der er im Streit liegt – und kam zu spät.

Und dann folgt der Leser, der in die spannende Geschichte gut hineinfindet, Dallingers Reise in die deutsche Vergangenheit. Der Tote erweist sich als ehemaliger SS-Mann mit berufsnotorischen sadistischen Zügen. Dallinger findet mit ordentlicher Detektivarbeit wie dem Befragen schwatzhafter Nachbarn und dem Durchsuchen von Archiven, vor allem durch eine passende Serie sehr glücklicher Zufälle, heraus, was den Friedhofswärter und den Lieblingsonkel verbindet. Das erschließt sich aus einem weiteren düsteren Geschichtskapitel. Es geht um misshandelte Heimkinder – und das allein würde sicher als Hintergrund eines Krimis reichen. So transportiert der Krimi auf 260 Seiten etwas viel Historie als Begründung für einen Rache-Akt.

Dass Dallinger so sehr auf Zufälle angewiesen ist, hängt mit seinem jugendlichen Alter zusammen. Dieser Detektiv wirkt sympathisch, aber unfertig wie ein Student im Grundstudium. An den Beruf ist er fast ohne Brüche geraten – der Bruch seines Lebens liegt im abgebrochenen Musikstudium. Doch nicht mal in Berlin dürfen Detektive, wenn sie glaubwürdig und ein bisschen hart sein sollen, wie verhinderte Profi-Geiger wirken.

— Moritz Wulf Lange: Kleine Aster. Verlag Bloomsbury, Berlin. 260 Seiten, 14,90 Euro.

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