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Stadtleben: Mit Zuppelhaar und Ausdauer

In den USA war sie Sekretärin im Krankenhaus, dann zog sie vor elf Jahren zum Kollwitzplatz. Mckinley Black sagt: „Berlin ist perfekt“

Eigentlich wollte Mckinley Black nur kurz in Berlin bleiben, nur mal schauen, wie es hier so ist. Dann ist ein ganzes Jahr draus geworden, dann noch eins, und im Juli sind es schon elf Jahre, die die Musikerin aus Cape Cod, Massachusetts hier lebt. Um die Ecke vom Kollwitzplatz, Prenzlauer Berg, mittendrin in der kreativen Szene, an der sie das Lebhafte, das Quirlige besonders mag.

„Berlin ist perfekt für mich“, sagt die Frau mit den kurzen Zuppelhaaren, den braunen Augen mit der Tiefe bittersüßer Lebenserfahrungen. Und dem ansteckenden Lachen, das eine gewaltige Lebenslust signalisiert, sprudelndes Temperament. „Vielleicht habe ich das von meiner Mama.“ Ihre Mutter war nach dem Zweiten Weltkrieg als junges Mädchen aus ihrer portugiesischen Heimat Madeira nach Amerika ausgewandert. Was großen Mut und Zähigkeit erforderte, um nicht unterzugehen.

„Perseverance!“ hat Mckinley neben ein paar weiteren persönlichen Lebensmaximen mit dickem Filzschreiber auf die Wohnzimmertür ihrer kleinen Einzimmerwohnung geschrieben, die sie mit ihren beiden Hunden Carlos und Georgia bewohnt. Obwohl sie fließend deutsch spricht weiß sie gerade nicht das passende Wort: „Was ist ’Perseverance’ auf Deutsch?“ Ausdauer. Beständigkeit.

Mckinley Black hat eine Menge Ausdauer und Beständigkeit gebraucht auf dem gewundenen Weg ihres Lebens und ihrer Laufbahn als Musikerin, die mit ihren Songs und ihrer tief berührenden Altstimme die Aufs und Abs jenes Lebens besingt. Die „Temporary Longterm Setbacks“, wie sie ihr zuletzt erschienenes 6. Album witzig-ironisch betitelt hat: „Vorübergehend langfristige Rückschläge“.

Nach Gesangs- und Kompositionsstudium am Berklee College Of Music in Boston, nach Jahren als Chefsekretärin in einem amerikanischen Krankenhaus, nach dem Tod ihrer geliebten Mutter im Jahr 1997, hatte sich Mckinley gefragt: „Bin ich glücklich? Nein!“ Und sie ist ihrer inneren Stimme und der einer Schweizer Freundin gefolgt: „Du darfst dein Talent als Musikerin nicht vergeuden, dazu bist du zu gut!“ Also alte Brücken abbrechen, einen neuen Weg suchen.

Der führte nach Europa. „Basel war mir zu klein und zu langweilig! Amsterdam war mir zu hektisch, aber dann: Berlin war perfekt!“ Die Stadt gefiel ihr in ihrer Vielfalt, ihrer Buntheit. Sie war fasziniert von den unterschiedlichen Menschen: den Normalen, aber auch den schrägen Gestalten. Aber auch die Bedingungen schienen so viel besser als anderswo. „Ich bekam ein Visum als Künstlerin, Krankenversicherung, fand eine bezahlbare Wohnung und eine Anstellung als Gesangstrainerin für die Dreigroschenoper am Gorki-Theater. Es gibt eine Menge Musicclubs für Auftritte, und es gibt viel Publikum!“ Wobei es ein Vorteil sei, dass Berlin immer noch in gewisser Weise in Ost und West getrennt ist: „Das Publikum aus den Ost-Clubs geht nicht in die West-Clubs. Und umgekehrt. Und so hat man hier wie dort ganz andere Zuhörer. Wie in zwei unterschiedlichen Städten. Nur dass man als Musiker nicht so weite Anfahrtswege hat.“

2005 hatte sie sich darangemacht, mit viel Organisationstalent, Mühe und Kleinarbeit die Idee einer neuen Veranstaltungsreihe umzusetzen: „Troubadour – Modern Minstrels“ hat ein so einfaches wie wirkungsvolles Konzept, das den Gedanken eines „Open Stage“-Konzerts mit einem „Singer/Songwriter-Wettbewerb“ kombiniert. In einer Reihe von zweimal monatlich stattfindenden Konzerten von Oktober bis Juni präsentieren sich in der „Kunstfabrik Schlot“ in Mitte jeweils sechs Musiker mit je zwei Songs.

Die vom Publikum und einer Fachjury gekürten Sieger treten wiederum in zwei Halbfinalen gegeneinander an. Die letzten sechs bestreiten schließlich das Finale. Jeder, der sich bewirbt, darf teilnehmen. Einzige Bedingung sind selbst komponierte Songs und rein akustische Instrumente. H.P. Daniels

Am Freitag, 12. Juni, findet in der „Wabe“ (Danziger Straße 101) das Finale der vierten Staffel statt.

H.P. Daniels

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