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Stadtleben: Neues von Vater Zille

Eine Ausstellung im Nikolaiviertel würdigt den Maler

Heinrich Zille lebt – jedenfalls da, wo es ihm vielleicht auch gefallen hätte. Im nachgebauten Alt-Berlin, im Nikolaiviertel. Dort spielen sie eine Zille-Revue, man speist in den Zille-Stuben oder erwirbt rote, giftgrüne, gelbe oder blaue „Zille’s Original Faßbrause“. Die gibt es flaschenweise im Souvenirshop vom Zille-Museum in der Propststraße 11, wo gestern die neue Dauerausstellung zu Leben und Werk des Künstlers vorgestellt wurde. Im Jahr des 150. Geburtstages bietet die Schau einen Querschnitt durch das vielseitige Schaffen des gebürtigen Sachsen aus Radeburg, der 1867, mit neun Jahren, nach Berlin kam, den Beruf eines Lithografen lernte und alsbald zum künstlerisch vielseitigen Chronisten der damaligen Unterschichten wurde. „In der Zeit der Weimarer Republik wurde Zille zu einer unumstößlichen Instanz in Berlin, andererseits machte man ihn auch zu einem Markenzeichen für das sogenannte Milljöh“, sagt Matthias Flügge, der Vorsitzende der Heinrich-Zille-Gesellschaft. Das kleine Museum lebt vom bürgerschaftlichen Engagement und von der Großzügigkeit privater Sammler – und natürlich von den Touristen, die auf der Suche nach irgendeinem Stück Alt-Berlin durchs Nikolaiviertel streifen und im Zille-Museum fündig werden. Im vorigen Jahr kamen 40 000 Besucher dorthin, 50 000 stürmten geradezu die kürzlich beendete Zille-Jubiläumsschau in der Akademie der Künste.

Jetzt sind im Zille-Museum 180 originale Zeichnungen, Grafiken und Fotos zu sehen; Zeitschriften und Bücher zeigen, wie fleißig und vielseitig Berlins „Pinselheinrich“ war und wie er sich manchmal mit seinen geldgierigen Verlegern herumschlagen musste. Diese kleine Schau konserviert ein Milieu, das es so nicht einmal mehr in einer Weddinger Eckkneipe oder, wie einst, im Strandbad Wannsee gibt. In einem Film kann dieses „Damals“ genau betrachtet werden – mit einem tiefen Seufzer darüber, wie unsere Berliner Großmütter und -väter gelebt, gelacht und gedarbt haben. Lothar Heinke

Zille-Museum, Propststraße 11, täglich 11 bis 19 Uhr, Eintritt 4, ermäßigt 3 Euro.

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