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PARTY Gänger: Roadrunners

Die Tolle sitzt. Fest gesprayt und so unverrückbar auf den Kopf zementiert, dass selbst ein Orkan sie nicht ins Wanken bringen kann und schon gar nicht das bisschen Rock ’n’ Roll.

Die Tolle sitzt. Fest gesprayt und so unverrückbar auf den Kopf zementiert, dass selbst ein Orkan sie nicht ins Wanken bringen kann und schon gar nicht das bisschen Rock ’n’ Roll. Das „Roadrunner’s Paradise“ liegt etwas versteckt im Hinterhof der Königstadtbrauerei in der Saarbrücker Straße, ganz in der Nähe des Senefelderplatzes. Ein Club der fünfziger Jahre, der Rockabillys, der Autofans. So wie sein Gründer, ein Motorfreak, der einmal im Jahr das „Roadrunner’s Festival“ auf einem alten Flughafengelände in der Nähe Berlins veranstaltet. Motorräder und Autos bis Baujahr ’61 rasen um die Wette, am Ende gibt es zwar Gewinner, aber eigentlich geht es um die Show. Und deswegen gibt es seit drei Jahren auch noch einen Club dazu.

Dass es hier trotzdem auch um Autos geht, besser gesagt um amerikanische Schlitten, ist nicht zu übersehen. Die Wände sind mit allerlei Krimskrams zugehängt, ein monothematischer Trödelladen und viel zum Gucken, während man an der Bar auf seinen Drink wartet. Da hängen: bündelweise schwarz-weiße Würfel, in den Farben der Startfahne bei Autorennen, Fotos von leicht ausgeblichenen Pin-ups, ein rostiger Anker, an dem vier Totenschädel mit Fliegerbrillen baumeln, ein altes Motorrad und daneben gerahmt das Filmplakat von „Motorpsycho“, dem Film von 1965 von Russ Meyer. Da stehen: kleine dicke Michelinmännchen, bunte Öldosen, zur Pyramide gestapelt, ein kleiner Roadrunner, der rasende, vom Kojoten gejagte Vogel aus dem berühmten Trickfilm, jede Menge Whiskeyflaschen.

Es ist, als sei die Zeit stehen geblieben, irgendwann vor 50 Jahren. Die Mädchen tragen Pferdeschwänze und Haargummis, die Jungs kurzärmelige Hemden wie die Elektriker an den Tankstellen damals, hochgekrempelte Jeans und Lederjacken. Und es geht rund. Besonders wild swingt ein Paar in der Mitte, er im schwarzen Hemd mit rot abgesetztem Kragen und ordentlich Bauch über der Gürtelschnalle, sie eine lange Blondine in engen Jeans und schwarzem Cowboyhemd. Mit einer Hand um ihre Hüfte hat er sie fest im Griff, während sie ihre schlanken tätowierten Arme um seinen Hals schlingt und sich nur von ihm löst, wenn er sie zum Abschluss mit durchgebogenem Rücken nach hinten schleudert. Dann grinst er breit und nicht ohne Stolz zu seinen Kumpels, die ihm zuprosten und sich dann selbst ein Mädchen schnappen. Boy meets girl – so schnell kann das gehen. Hier hüpft keiner allein herum, hier tanzt man noch paarweise mit klassischer Rollenverteilung: coole Macker und heiße Bräute. „Hier gibt es noch Machos“, sagt der Mann an der Theke und nimmt einen Schluck Whiskey-Cola.

Auch das Showpaar ist inzwischen von der Tanzfläche an die Theke gekommen. Er spendiert ihr einen Drink und will sie küssen, sie windet sich ein wenig, er dreht sich weg, da zieht sie blitzschnell seinen Kopf zu sich herunter und küsst ihn. Er grinst. Die Tolle sitzt immer noch perfekt. Johanna Lühr

Roadrunner’s Paradise, Saarbrücker Straße 24 in Prenzlauer Berg, 3. Hinterhof, Sonntag, 27. September: The Rockin’ Hot Rod Decadence 3. Classic Car & Bike Event, mit The Playboys, Rockin’ Bonnie & The Rot Gut Shots, Little Neal & The Blue Flames.

Johanna Lühr

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