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© Kitty Kleist-Heinrich

Prenzlauer Berg: Hostel Pfefferbett: Im Schlaf Gutes tun

Von der Besonderheit des Ende April eröffneten Gästehauses ahnen Gäste kaum etwas: Doch wer im Hostel Pfefferbett übernachtet, hilft zugleich psychisch Kranken dabei, wieder zu arbeiten.

Die Säulen sind sechs Meter hoch und tragen ein Ziegelgewölbe. Den Kontrast dazu bildet die mit weißem Kunststoff verkleidete Deckenbeleuchtung in der Cafeteria. „Das hat uns auf den Fotos im Internet gut gefallen“, erzählen Simone, Nadine und Melanie Häusler aus der Schweiz. Gemeinsam mit ihren Eltern haben sie im Hostel Pfefferbett auf dem Pfefferberg-Gelände in Prenzlauer Berg übernachtet. Von der Besonderheit des Ende April eröffneten Gästehauses ahnt ihre Mutter aber auch nach Übernachtung und Frühstück nichts, obwohl sie beruflich einen geschulten Blick dafür hat: Sie arbeitet in der Nähe von Zürich in einer Einrichtung, die psychisch Kranken beim Weg zurück ins Arbeitsleben hilft. Und genau das will auch das Pfefferbett-Hostel.

Wie die Häuslers sollen sich die Gäste vor allen Dingen wohl fühlen, sagt Geschäftsführer Wolbert Schäfer. Er freut sich über eine teilweise neunzigprozentige Auslastung der 180 Betten. Und doch will sich das Pfefferbett-Hostel in der einstigen Bierlagerhalle, das mit einem in einem Fass schlummernden Bären als Logo für sich wirbt, zu einem Musterbeispiel für gelebte Integration entwickeln. „Es ist noch alles im Aufbau“, sagt Karin Riedesser, Sprecherin des Verbundes für Integrative Angebote Berlin (VIA). Hostelbetreiber VIA betreut an verschiedenen Standorten in Berlin rund 220 Menschen, die beispielsweise an Schizophrenie, Autismus oder Depression leiden. Sie durchlaufen ein mehr als zweijähriges Rehaprogramm und können anschließend als Mitarbeiter dabei bleiben. Schon bald soll etwa ein Dutzend von ihnen den Großteil des Hostelbetriebs schmeißen.

Zurzeit pflegt eine Handvoll VIA-Mitarbeiter einmal wöchentlich den wilden Garten, über den der Blick der Gäste beim morgendlichen Kaffee schweift. Allerlei weitere Servicearbeiten sollen hinzukommen, nur Rezeption und Verwaltung in der Hand ausgebildeter Profis bleiben. Für die psychisch Kranken soll der Abwasch in der Küche oder das Beziehen der Gästebetten ein Schritt zu einem geregelten Tagesablauf sein. „Wir wollen aber niemanden überfordern“, sagt Riedesser. Die Tätigkeit im Hostel setze bei den Mitarbeitern schon ein Mindestmaß an Belastbarkeit voraus. Deshalb gehe VIA das Vorhaben langsam an und suche erst einmal die Zusammenarbeit mit anderen Trägern.

So halten die Zimmer derzeit Mitarbeiter der Firma Nobis sauber, die ebenfalls behinderte Menschen beschäftigt. „Manchmal sind es bis zu 40 Zimmer am Vormittag“, berichten Steffen Kroschel, Rene Lehmann und Stefan Ennigkeit beim Schrubben der Badezimmer und Fegen der Räume. Mittelfristig will VIA den Zimmerdienst selbst übernehmen. Das Essen hingegen soll auch auf lange Sicht vom benachbarten Restaurant kommen, das die Stiftung Pfefferwerk betreibt.

Ihre Spuren haben VIA-Mitarbeiter längst auf andere Weise hinterlassen. Die Betten, in denen die Gäste schlafen, und die Schränke, in denen sie ihre Reiseutensilien verstauen, haben sie aus beschichteten Holzplatten gefertigt. Im Speiseraum fletscht ein drei Meter langer Hai die Zähne, der in den an den Pfefferberg grenzenden Werkstätten von VIA aus Styropor geschaffen wurde. Mit dem Hostel, mehreren Werkstätten und einem Blumenladen an der Schönhauser Allee ist VIA im südlichen Prenzlauer Berg schon präsent.

Kürzlich hat die gemeinnützige Gesellschaft bereits eine der Ruinen im Biergartenhof auf dem Pfefferberg übernommen. Sie soll laut Riedesser erst einmal Instand gesetzt und dann für Kultur und Veranstaltung genutzt werden. Möglicherweise kommt die VIA-eigene Theatergruppe „Ramba Zamba“ dort unter. Ihr erstes Gästehaus hat VIA aber schon vergangenes Jahr in einer ganz anderen Ecke Berlin eröffnet: ein Schullandheim in einer Gründerzeitvilla am Großen Wannsee.

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