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© ddp/Timur Emek

Schlittenfahrt: Runter kommen sie alle

Schlitten sind längst ausverkauft und nur noch zu mieten. Doch rodeln kann man auch anders – sogar auf einem Backblech.

Ausverkauft. Kein Holzspan, keine Kufe, nichts. Von Schlitten keine Spur. Und im Wintersportgeschäft „Ski-Hütte“ in der Joachimstaler Straße hält Juniorchef Fabian Merker mit tätowierten Unterarmen ein Paar Carving-Skier und grinst. Minütlich warten sie hier auf die Lieferung neuer Schlitten. Die sollten schon seit Montag da sein, wo bleiben sie nur?! Etwa 60 Stück haben sie noch mal bestellt. Zum dritten Mal in diesem langen Winter. 50 bekamen sie in der vergangenen Woche. Eine halbe Stunde lang standen die im Laden, dann waren alle weg. Verkauft an Schüler und Studenten, Familienväter und Großeltern. Berlin versinkt im Schnee und alle wollen rodeln.

Die Ski-Hütte verkauft die klassischen Schlitten: Holz, Metallkufen, stabil, robust, bewährt. Kein neumodischer Firlefanz aus Kunststoff und mit Lenkrad. Gut 120 Holzschlitten haben sie in dieser Saison schon verkauft. Die kosten zwar bis zu 95 Euro, „halten aber ewig“, sagt Merker. Doch jetzt: kein Schlitten in Sicht. Und täglich „mindestens 30“ Leute, die vorbeikommen und doch so gern einen kaufen möchten. Fündig werden sie auch auf der gegenüberliegenden Straßenseite bei Karstadt Sport nicht. Schlitten? Der Mitarbeiter lächelt und guckt über den Rand seiner Brille auf den, der so naiv fragen kann in diesem schneereichen Winter. Nein, keine da, schon lange nicht mehr, zu spät. Ob neue bald kommen? Man hofft.

Zum Glück gibt’s das Internet: Mehr als tausend Schlitten bietet dieser Tage das Internet-Auktionshaus Ebay an. Die Preise: moderat bis hoch, je nach Modell. Auch Bausätze und -anleitungen für schneidige Schlitten gibt es im Netz so viele wie Schnee auf den Straßen. Dabei kommt es doch weniger auf Schick denn auf Lenkbarkeit an! Das erklärt Stefan Neitzel, Gründer und Inhaber der „Fahrradstation“, die seit Winter 2007 auch Schlitten vermietet – in sechs Läden der Stadt, von Mitte über Kreuzberg bis nach Charlottenburg. Denn was nützt ein schöner Untersatz, wenn die Fahrt am nächsten Baum endet? Deshalb empfiehlt Neitzel ebenfalls den normalen Holzschlitten, weil der am besten lenkbar sei. Sieben Euro Tagesmiete zahlt man für den Klassiker. Wer mutig ist, kann sich auch einen „Slider“ ausleihen. Klingt fesch, ist aber nicht mehr als ein stabiler Plastikteller, der sich – Nervenkitzel für die ganz Harten – bei der schnellen Abfahrt auch noch lustig dreht. „Die Lenkbarkeit allerdings nimmt dramatisch ab“, sagt Neitzel.

Dabei gilt eigentlich: Wo immer die Beine raushängen, das Schuhwerk fest ist und der Mut ausreichend, kann auch noch gesteuert werden. Schlittenexperte Neitzel hat auf den Berliner Pisten schon einiges gesehen. Rodeln auf Tüten und Backblechen oder in den zwei Klapphälften eines Hartschalen-Koffers.

Eine weitere Variante: Rodeln im Rudel, im Dunkeln. Zum Beispiel beim zweiten großen „Homo-Rodeln“, zu dem Szenegröße Nina Queer am heutigen Donnerstag ab 20 Uhr in den Mauerpark lädt. Mit guten alten Holzschlitten – und DJ.

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