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’n Abend Nachbarn. Judith Holofernes greift wieder zum Mikro. Foto: dpa

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Stadtleben: Sie sind noch immer Helden

Die Band um Sängerin Judith Holofernes spielte im Kreuzberger Lido

Judith Holofernes, 33, wohnt seit Jahren in Kreuzberg („Der Wrangelkiez wird leider schicker und unpolitischer“), gemeinsam mit ihrem Mann und Helden-Schlagzeuger Pola Roy. Weit hatten sie es nicht bis zu ihrer kleinen Konzerthalle. Das Lido befindet sich ebenfalls im Kiez, nahe U-Bahnhof Schlesisches Tor. Dort tummelten sich am Abend auf dem Bürgersteig der Cuvrystraße hunderte Fans, die etwas mit dem Bandnamen „Wo sind Helmet“ anfangen konnten. Das ist der nicht mehr ganz so geheime Geheimname von Wir sind Helden, der in der Szene genauso schnell publik wurde, wie es auch bei anderen Musikbands in der Vergangenheit der Fall war.

Anlass für das Konzert war der fünfte Geburtstag ihrer Booking-Agentur „Gastspielreisen“ – und für die Band eine gute Möglichkeit, Stücke ihres neuen Albums „Bring mich nach Hause“ live auszuprobieren. Das soll Ende des Monats erscheinen und enthält unter anderem „Die Ballade von Wolfgang und Brigitte“, eine Liebesgeschichte aus dem Kreuzberger Alternativ-Milieu. „Als Wolf und Brigitte in die Baerwaldstraße zogen, dachten alle dort, sie wären ein Paar“, singt Judith Holofernes. Ein bisschen Lampenfieber hatten sie vor dem Auftritt im Lido schon, schließlich hatte die Band nach ihrer letzten Tour 2008 eine längere Pause eingelegt. An dem Comeback-Album feilten sie drei Monate lang in den Tritonus-Studios in der Schlesischen Straße – im Aufnahmeraum nebenan arbeitete Jan Plewka mit seiner Band Selig an seiner CD. Am 26. Oktober spielen sie ganz offiziell in der C-Halle.

Ihren Tarnnamen haben Wir sind Helden schon mehrfach eingesetzt. Helmet ist eigentlich der Name einer kalifornischen Post-Hardcore-Band, die auf der Bühne vor allem für Lärmattacken mit stark verzerrten Gitarren berüchtigt ist. Jedes Mal, wenn Wir sind Helden unter diesem Namen auftreten, haben sie mindestens zwei enttäuschte Metal-Fans im Publikum, die eine deutlich härtere Gangart erwartet hatten, sagt Judith Holofernes. Die echten Helmet kommen übrigens wirklich bald nach Berlin, wollen im November ein Konzert im SO36 spielen. Gut möglich, dass sie dann auch auf ein paar Helden-Fans im Publikum treffen, die auf ein weiteres Geheimkonzert ihrer Berliner Lieblingsband hoffen.

Geheimkonzerte in der Stadt sind auch bei Musikern ziemlich beliebt, weil man herumblödeln und ganz alte Songs spielen kann, die Stimmung intimer ist, Konversationen mit den Fans stattfinden und keine Spontanbesucher ständig herummeckern, weil zu viel gequatscht wird auf der Bühne. Holofernes Nachbarn im Kiez, die Herrschaften von der Rockband Beatsteaks, spielten auch schon das eine oder andere Geheimkonzert, genauso wie Rosenstolz oder Sportfreunde Stiller.

Falsche Namen verpassen sich routiniert auch die Ärzte: Mal spielten sie unter dem Pseudonym „Invasion der Gurkenmöpse“, mal unter dem Namen „Paul“ (in Anspielung auf einen verbotenen Song), ein anderes Mal tourten sie als „Nudo Tra I Cannibali“ (Nackt unter Kannibalen) durchs Land. Und vor einigen Jahren luden sie schließlich unter „Die Zuspäten“ zu einem Konzert mit „Essen auf Rädern“ ein. Es war ein fulminanter Abend im total überfüllten SO 36 in der Oranienstraße: Hinter „Essen auf Rädern“ verbargen sich Die Toten Hosen. sel/AG

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