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Stadtleben: Tänze, Tee und Tigermilch

Am Sonnabend ist wieder All Nations Festival. 21 Botschaften öffnen ihre Türen. Das Oberthema diesmal: Frühstückskulturen

In jedem Einwohner Nicaraguas steckt ein Dichter oder Musiker, heißt es: Das mittelamerikanische Land zwischen Pazifik und Atlantik ist stolz auf seine reiche Kultur. Daher gehört ein Besuch der Botschaft Nicaraguas zu einem der Höhepunkte des „All Nations Festival“, bei dem am Sonnabend zum achten Mal Botschaften in Berlin zum Tag der offenen Tür einladen.

Die bunte Figur mit der Pferdemaske sieht lustig und zugleich ein wenig furchteinflößend aus. Es ist El Güegüense, der „Alte“, der sich über „Macho ratón“, den „Neuen“, den „Blonden“ lustig macht. Güegüense, das musikalische Theaterstück aus der Mitte des 17. Jahrhunderts, gehört seit 2005 zum nichtmateriellen Weltkulturerbe der Unesco. Voll Schelmerei und Doppelsinn nimmt die fröhliche Satire die spanischen Kolonialherren aufs Korn. „Die haben gar nicht geahnt, wie viel die Ureinwohner des Landes über ihre Eigenarten und Sonderbarkeiten wussten“, erzählt Karla Beteta, seit letztem Jahr Geschäftsträgerin der Botschaft Nicaraguas in der Joachim-Karnatz-Allee am Tiergarten.

Nicht nur Güegüense wird am Sonnabend ein Stück der farbenfrohen nicaraguanischen Kultur vorstellen. Im Festsaal, den sich die Botschaft von Nicaragua beim Festival mit den Botschaften von Guatemala, El Salvador, Honduras und Panama teilt, werden um 13 Uhr auch die traditionellen Tänze des Landes gezeigt. Während der Palo de Mayo, der „Maibaum“, von der atlantischen Küste eindeutig karibische Einflüsse mit den typischen afrikanischen Rhythmen aufweist, stammt der „Son Nica“ hör- und sichtbar von der Pazifikküste: Zu den Klängen von Gitarre und Marimba fliegen die Röcke, schnell wirbeln die Füße der Tänzerinnen durch die Luft. Vielleicht tanzt auch der Tucán mit – der Vogel mit dem langen Schnabel wird eine Art Maskottchen für die Kinder sein.

21 Botschaften sind in diesem Jahr dabei, insgesamt werden wie in den Vorjahren rund 10 000 Besucher erwartet. Das Oberthema ist diesmal die Frühstückskultur, daher gibt es in allen teilnehmenden Botschaften jede Menge Leckeres und Unbekanntes zu probieren: String-Hoppers und Reismehlfladen aus Sri Lanka, Jaggery aus Myanmar, Poha und Reisflocken aus Indien. Oder Ackee mit Saltfish, eine tropische Frucht mit Stockfisch aus Jamaika. Kurzfristig hat sich auch die Botschaft von Kirgisien zu den teilnehmenden Ländern noch angemeldet. Da in dem zentralasiatischen Land die Temperaturschwankungen zwischen Sommer und Winter besonders stark sind, ist hier ein kräftiger heißer Tee oder Kaffee mit Fladenbrot besonders beliebt. Wer möchte, kann das kirgisische Frühstück in einer Yurte einnehmen.

Das Ungewohnteste aus deutscher Sicht ist vielleicht Leche de tigre, die bolivianische „Tigermilch“: Sie wird aus einer Mischung von Limettensaft und rohem Fisch bereitet. Dazu reicht man unter anderem Tamales, gefüllte Maisteigtaschen. Doch auch in der Bolivischen Botschaft gibt es wie in vielen anderen Landesvertretungen mehr als das Frühstück zu entdecken. Tänze, Musik, Handwerkskunst, Instrumente und vieles mehr sollen einen vielfältigen Einblick in die verschiedenen Kulturen bieten.

Das Hauptnahrungsmittel in den mittelamerikanischen Ländern ist Mais, deshalb werden auch die meisten Frühstücksgerichte in der Region mit der nahrhaften Zutat zubereitet. In Nicaragua isst man morgens Gallo Pinto, den „bunten Hahn“, aus roten Bohnen und Reis. Und schon die Kinder trinken richtigen Kaffee zum Frühstück. „Aber nur, weil der in Mittelamerika so mild ist“, sagt Beteta. Ihren zwei Kindern gibt die Geschäftsträgerin, die vor sechs Jahren mit ihrer Familie aus der Hauptstadt Managua nach Deutschland gekommen ist, allerdings morgens nur Milch. „Das typische deutsche Frühstück ist auch sehr lecker“, findet die 33-Jährige, für die Berlin längst zur zweiten Heimat geworden ist. Gibt es dennoch etwas, was sie in Deutschland vermisst? Beteta lächelt leicht und sagt: „Wenn, dann ist das nur der große weite Himmel. Der ist in Nicaragua eigentlich immer blau.“

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