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Der harte Kern. Nur dieses Grüppchen zeigte sich vor Ort. Getanzt wurde nicht.

© Michael Koerner

Tristesse im Tiergarten: Loveparade 2011: Keine Chance für die Liebe

Auf Facebook hatten Aktivisten zum Techno-Umzug in den Tiergarten geladen. Die Polizei rechnete mit bis zu 15.000 Ravern. Doch der Ansturm blieb aus.

Am Rande des Gehwegs liegt ein schwarzer Rucksack. Darin befindet sich ein kleines Megafon, aus dem blechern, und wegen des Lärms auf der vielbefahrenen Straße des 17. Juni kaum hörbar, Elektromusik erklingt. Besser wird die Loveparade im Jahr 2011 nicht.
Immerhin sechs Leute haben sich in einigem Abstand lustlos um den Rucksack am Rande des Tiergartens versammelt. Und damit fast 14 000 Menschen weniger, als im Internet angekündigt. Der Veranstalter, der sich gern bei seinem Künstlernamen „Ben Benson“ rufen lässt, hatte sich seine Demonstration für die Wiedereinführung der Loveparade in Berlin eigentlich nicht ganz so öde vorgestellt. Mit schwarzer Sonnenbrille und tief in die Stirn gezogener Kapuze steht er trotzdem tapfer neben seinem Rucksack. Der Medienrummel um seine Aktion ist ihm sichtlich unangenehm. Zumal jetzt wesentlich mehr Journalisten als Raver da sind. „Wir wollten uns eigentlich mit Autos in den Parkbuchten treffen und Elektro-Musik über die Autoradios abspielen“, erzählt Benson. Mit dem sogenannten „Sit-in“ wollte er am Jahrestag der Loveparade-Katastrophe in Duisburg lückenlose Aufklärung fordern. Bei einer Massenpanik waren vor einem Jahr in Duisburg 21 Menschen zu Tode gekommen, mehr als 500 wurden verletzt. Doch wie Benson erzählt, wurde die Idee zum Sit-in geklaut und die Sache lief aus dem Ruder.

Deutlich mehr Polizisten als Techno-Fans vor Ort
Unter dem Titel „Loveparade 2011“ soll jemand die Aktion auf Facebook unerlaubt kopiert und propagiert haben. Etwa 14 000 Teilnehmer sagten daraufhin spontan zu und wollten im Tiergarten eine unangemeldete Technoparty veranstalten. Überrascht von der riesigen Resonanz distanzierten sich zuletzt sogar die Veranstalter von ihrer Party und baten die Techno- Freunde im Internet, doch nicht zu kommen.
Das hat offenbar funktioniert. Im Tiergarten sind am Samstag nur die üblichen Touristen unterwegs, ein paar Pärchen und natürlich die Streifen der Polizei, die im Park patrouillieren und nach versprengten Ravern Ausschau halten, vergebens. Angesichts der trüben Veranstaltung am Straßenrand wirkt die Polizeipräsenz etwas überdimensioniert. „Zwischen fünf und 15000 Teilnehmern mussten wir mit allem rechnen“, meint ein Polizist. Über 10 Mannschaftswagen sind zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule postiert.

2012 soll es besser werden
Alles ist verdächtig. Der Van mit der Neon-Aufschrift „FunStorm“ genauso wie der Elektroinstallateur auf dem Weg zur Arbeit. Bei allen größeren Fahrzeugen wird der Laderaum auf Boxen und Musikanlagen überprüft. Eine Tanzveranstaltung soll um jeden Preis verhindert werden. Die Parkbuchten, wo sich die Raver eigentlich treffen wollten, sind plötzlich mit Parkverbotsschildern versehen.

„Keine Loveparade, keine Musik, kein Tanzen, wir trauern“, sagt Benson knapp. Dass er sich überhaupt die Mühe gemacht hat, die Demo trotz aller Auflagen durchzuziehen, dürfte rechtliche Gründe haben. Als Veranstalter dieser kleinen, genehmigten Kundgebung könnte er für keine ausufernde Techno-Party im Tiergarten verantwortlich gemacht werden. Falls jemand gekommen wäre. Ganz unwahrscheinlich war das nicht. Im Internet fordern viele, wie Benson, dass Techno-Raves wie die Loveparade nach Berlin zurückkehren. Die B-Parade beispielsweise, die in der Vergangenheit immer wieder abgesagt worden war, will 2012 im Stil der Loveparade mit Trucks durch die Stadt ziehen und bis zu 500 000 Leute anlocken. Diesmal aber wirklich.

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