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Potsdamer Platz: Vorne Luxus, hinten Kreuzberg

Eine neue Wohnanlage für Besserverdienende schließt die letzte Lücke am Potsdamer Platz – die Nachbarschaft ist nicht nur nobel.

Die Aussicht auf zwei betongraue Häuser war dann wohl doch zu trist: Damit Mieter der neuen Luxuswohnanlage am Potsdamer Platz auch einen netten Blick haben, spendierten die Investoren frische Farben für zwei Häuser gegenüber. Mit der Eröffnung von „The Charleston“ am Donnerstag hat das letzte Filetgrundstück am Potsdamer Platz eine Nutzung gefunden. Am Mendelssohn-Bartholdy-Park errichteten der Projektentwickler Kondor Wessels und weitere Investoren außer Luxuswohnhäusern auch ein Hotel, das bis Oktober fertig werden soll. 2011 kommt ein Wellnesszentrum hinzu.

Ein ganz anderer Ausblick bietet sich den Käufern der 40 Eigentumswohnungen in den Vorderhäusern. Von der Gabriele-Tergit-Promenade, wie die dortige Adresse heißt, schauen sie auf den Park und die Bauten des Potsdamer Platzes. Knapp 40 Prozent der Eigentumswohnungen sind verkauft. Die Preisen reichen von 4500 bis 7000 Euro pro Quadratmeter, am teuersten sind die acht Penthäuser. Die Mietwohnungen kosten durchschnittlich 14,50 Euro (Kaltmiete) pro Quadratmeter.

Dafür verspricht Laurentius A. Hegemann, Geschäftsführer von Kondor Wessels, „Ruhe und Entspannung“ und „erstklassigen Service für anspruchsvolle Menschen inmitten der Metropole“. Die Häuser haben Gärten mit Brunnen, Dachgärten, Loggien, Terrassen und einen „Doorman“: Tag und Nacht steht ein Empfangsmann hinter dem eleganten Holztresen in der Lobby, die architektonisch an die 20er Jahre erinnert. Außerdem will das künftige Hotel den Nachbarn seine Dienste anbieten – vom Zimmerservice bis zum Partycatering. Hinzu kommen das Spa und Wellnesszentrum mit einem fast 20 Meter langen Schwimmbecken, das natürlich auch den „Charleston“-Bewohnern offen stehen wird, und drei Tiefgaragen.

Eine Besonderheit des 53,4 Millionen Euro teuren Projekts ist die U-Bahn darunter: Die Linie U2 führt durch das ganze Areal und wurde überbaut. Dennoch war bei einem Rundgang jetzt kein Bahnlärm zu hören. Das dürfte am Know-how des beauftragten Architektenbüros Hilmer & Sattler und Albrecht liegen. Thomas Albrecht wies darauf hin, dass „wir ja auch den U-Bahnhof Mendelssohn-Bartholdy-Park gebaut haben“.

Das Hotel mit 563 Zimmern, dessen Innengestaltung bisher nur in einem Musterzimmer zu erahnen ist, gibt sich nicht ganz so vornehm wie die Wohnhäuser: Es wird „das einzige Vier-Sterne-Haus am Platz“, sagte der designierte Direktor Thomas Borsbach. In Zeiten der Wirtschaftskrise kann das ein Vorteil sein, schließlich untersagen viele Firmen ihren Managern bereits die Übernachtung in Fünf-Sterne-Hotels.

Fraglich bleibt, wie den „Charleston“-Bewohnern an der Grenze von Tiergarten zu Kreuzberg der Kiez um die Köthener Straße und den Hafenplatz gefällt. Das Schattendasein, das dieses Quartier bis zum Mauerfall führte, scheint längst nicht überwunden. Die Arbeitslosenquote liegt mit 12,5 Prozent recht knapp unter dem Berliner Durchschnitt und ist rund dreimal so hoch wie im angrenzenden Teil von Mitte. 90 Prozent der Jugendlichen haben einen Migrationshintergrund, an Türschildern sieht man kaum deutsche Namen. Auch die Hochschüler, die im Wohnheim des Studentenwerks an der Köthener Straße leben, sind nicht die zahlungskräftigste Klientel. Wohnungen im „Charleston“ wurden schon von Luxemburgern, Schweizern und Niederländern gekauft; auf Interessenten von nebenan können die Bauherren dagegen wohl kaum hoffen.

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