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© privat

Hörspiel: Zwei Werber geben Einblick in ihre Zunft

Es wird gekokst, gesoffen und gemobbt - Klischees, wie sie aus der Werbewelt bekannt sind. Die bedient auch das Hörspiel "Caught in the AD". Zwei Berliner Werbetexter haben es geschrieben und prominente Sprecher gewonnen.

Sie sprechen in ihrem für Außenstehende kaum verständlichen Werbeslang von „Claims“ und „ASAP“, von „Brandings“, „Kick-Off“ und „Konfis“. Der Chef benutzt die Vorhänge regelmäßig als Taschentuch, und der Senior-Texter greift den Praktikantinnen gerne mal unter den knappen Rock. Es wird gekokst, gesoffen und gemobbt, und die Anzahl der Anglizismen wird nur noch von den sexistischen Äußerungen der hippen Werbetexter übertroffen.

Soweit die Klischees, wie sie auch das neue Hörspiel „Caught in the AD“, gefangen in der Werbung, bedient. Geschrieben und produziert haben es die freiberuflichen Berliner Werbetexter Silke Denk und Stuart Kummer, sie konnten dafür bekannte Synchronsprecher wie Simon Jäger (Matt Damon), Martin Kessler (Nicolas Cage), Robert Missler (Grobi aus der Sesamstraße) gewinnen. „Und das für nicht mehr als eine Kartoffellauchsuppe und ein Stück Kuchen – alle waren von der Idee angetan und sehr hilfsbereit“, sagt Denk. Auch Schlagersänger Jürgen Drews übernahm eine Rolle: Er spielt sich selbst. Seit Kurzem kann man das Hörspiel gratis im Internet auf der Seite www.hastings.de herunterladen, 3000 haben das schon getan, unter Berlins Kreativen gilt das Werk bereits als Kult. Auch wer mit Werbern sonst nichts zu tun hat, kann über „Caught in the AD“ herzlich lachen – weil es einen höchst unterhaltsamen Einblick in eine Branche bietet, mit deren Produkten jeder täglich konfrontiert ist, über deren Arbeitsweise man aber kaum etwas weiß.

Ist ein fester Job in der Werbebranche wirklich so schlimm, wie das Hörspiel suggeriert? „Natürlich haben wir teilweise satirisch übertrieben. Da wir beide schon lange in der Werbung tätig sind, können wir aber versichern, dass das meiste der Realität sehr nahekommt“, sagt Silke Denk. Die 32-Jährige aus Prenzlauer Berg arbeitet seit rund fünf Jahren als freie Texterin, zuvor war sie in mehreren Agenturen fest angestellt. „Irgendwann habe ich den Agenturalltag nicht mehr ausgehalten“, sagt sie. Jeder Werber stehe eines Tages vor der Entscheidung: entweder ein Privatleben oder die Agentur. 50 bis 60 Wochenarbeitsstunden seien normal, Wochenendarbeit die Regel. So käme es zu einem hohen Verschleiß an Arbeitskräften. „Einige brechen regelrecht zusammen, müssen sogar in die Psychiatrie. Doch anstatt, dass der Chef sie vorher mal auffordert, kürzer zu treten, ermuntert er sie noch, bloß nicht den Fuß vom Gaspedal zu nehmen“, erzählt Denk.

Als sie Anfang 2009 Kummer über eine Community-Webseite kennenlernt, befinden sich beide beruflich in einem tiefen Loch – die Finanzkrise habe auch die Werbebranche eiskalt erwischt, so Denk. Aufträge gibt es kaum noch, und das einzige Angebot ist die Gestaltung einer Broschüre für Analshampoo. „Das war der absolute Tiefpunkt meiner bisherigen Karriere“, sagt Denk mit einem Lächeln. Das Gute an der schlechten Auftragslage war, dass beide viel Zeit für ihre spontane Idee hatten, ein Hörspiel über die Werbebranche zu schreiben. „Es ging uns nicht darum, mit dem Finger auf jemanden zu zeigen. Wir sind schließlich selbst Teil dieser Welt“, sagt Kummer, der zunächst als Drehbuchautor und Regieassistent beim Film gearbeitet hat und seit 2003 in der Werbung tätig ist. Wie Denk empfindet der 40-Jährige, der in Mitte wohnt und manchmal im White Trash auflegt, seine Arbeit als Texter nicht bloß als negativ: „Es ist schön, interessante Ideen zu entwickeln und sie auf den Punkt zu bringen. Und man trifft viele tolle, interessante Menschen“, sagt Kummer.

Angst, dass sich ihre Auftragslage wieder verschlechtern könnte, wenn die Hörspielsatire die Runde in der Branche macht, hatten beide nie. Denk lacht: „Das ist ja das Tolle an uns Werbern – jeder ist überzeugt, dass immer nur die anderen sich so schräg verhalten.“ 

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