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Städtevergleich: Dynamisch und sexy – Berlin zieht junge Leute an

Die Hauptstadt trumpft im bundesweiten Städtevergleich auf. Die Wirtschaft wächst, neue Jobs entstehen und der Tourismus boomt.

Sexy war Berlin ja schon immer, dass es nun auch noch dynamisch und nicht mehr vor allem arm ist, das zählt zu den bemerkenswertesten Ergebnissen einer neuen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Dynamisch ist Berlin, weil junge Leute hier herziehen, nach der Ausbildung in der Stadt bleiben und hier auch Arbeit finden – nicht nur zu Dumpinglöhnen. Dynamisch ist Berlin aber auch, weil sich die Wirtschaft nach eineinhalb Jahrzehnten endlich erholt, und das zuletzt so gut wie sonst nirgendwo in Deutschland. Nur die geringen Einkommen trüben das Bild.

Besonders anziehend wirkt die Stadt auf Frauen zwischen 20 und 35 Jahren: Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung nahm in den letzten zehn Jahren um 16,5 Prozent zu – der Anteil der jungen Männer stieg dagegen nur um rund elf Prozent. Warum das so ist, erklären die DIW-Forscher nicht. Befördert wird der Trend aber wohl durch die gute Infrastruktur für Frauen mit Kindern und für Alleinerziehende in den Städten: Soziologen berichten, dass viele junge Erwachsene auf Kitas, Cafés und urbane Netzwerke im Kiez angewiesen sind, um Kinder und Karriere unter einen Hut zu bekommen. Und das gelingt immer mehr Frauen, nicht nur in Berlin. Deshalb nahm die Zahl der unter 18-Jährigen in den deutschen Städten nur halb so stark ab wie im bundesweiten Durchschnitt.

Die junge weibliche Bevölkerung wächst übrigens in allen Metropolen schneller als die männliche. Dabei gilt die Regel: „Wirtschaftlich dynamische Städte weisen auch besonders hohe Zuwächse gerade bei jungen Erwerbspersonen auf“, schreiben die Forscher. Deshalb sprudelt der Jungbrunnen in anderen Metropolen noch stärker als in Berlin: In München stieg der Anteil der 20- bis 35-jährigen fast doppelt so schnell wie an der Spree. Das liegt vor allem an dem dort noch robusteren Arbeitsmarkt.

Das könnte sich aber bald ändern: „Die Beschäftigung entwickelte sich zuletzt in Berlin am besten“, sagt Kurt Geppert. Er hat an der Studie mitgeschrieben und betont, dass dies nicht nur schlecht bezahlte „Macjobs“ betrifft, sondern auch feste, sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. Mit einem Plus von neun Prozent seit 2005 steht Berlin sogar ganz vorne. „Zusammen mit Hamburg liegt Berlin jetzt an der Spitze dieser Wachstumsrangfolge“, so die Forscher.

In Berlin finden Ingenieure, Wirtschaftsprüfer und Unternehmensberater Jobs, Computer- und IT-Profis sowie Mitarbeiter von Werbeagenturen und Medienkonzernen. Nicht die großen Arbeitgeber, wie Bayer-Schering, tragen dieses Wachstum, sondern viele kleine Firmen. Und weil verhältnismäßig wenige darunter ihre Produkte exportieren, schlägt die Weltwirtschaftskrise hier weniger ein.

Zumal die vielen Jobs im Tourismus, vom Hotelpagen bis zum Hyatt-Manager, noch dazukommen. Diese Branche wächst nirgendwo stärker als in Berlin: Im ersten Quartal dieses Jahres besuchten rund 1,8 Millionen Touristen die deutsche Hauptstadt. Das ist ein Plus von 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Noch deutlicher ist der Erfolg laut Tourismuschef Burkhard Kieker an der Zahl der Hotelübernachtungen abzulesen: 4,024 Millionen verzeichneten die Hoteliere im ersten Quartal 2010, 17,4 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Rosig ist die Lage im rot-rot regierten Stadtstaat dennoch nicht: „Bei der Wirtschaftsleistung je Erwerbstätigem und bei den Löhnen je Arbeitnehmer ist eine ähnliche Aufholjagd kaum erkennbar“, sagt Geppert. Wer in Hamburg lebt, verdient im Durchschnitt 5500 Euro brutto mehr im Jahr als in Berlin, und selbst Kollegen im ebenfalls hochverschuldeten Bremen bekommen 1000 Euro jährlich mehr als Berliner Arbeitnehmer.

Die „Renaissance“ der Städte, so DIW-Forscher Martin Gornig, „ist auch eine Chance, weil sie die Segregation verhindert“. Zogen qualifizierte Arbeitnehmer früher vor die Tore der Stadt, bleiben sie jetzt im Zentrum und stärken die City. Einen „kreativen Vorteil“ nennt der Forscher die dadurch zunehmende „soziale Mischung“. Es bestehe aber auch die Gefahr, „dass die Mieten steigen und eher sozial schwache Menschen verdrängt werden“. Denn die Konkurrenz um Flächen und vor allem Wohnraum wachse.

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