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Berlin: Stasi-Gefängnis: Die Bastille blieb ungestürmt

Als das Ministerium für Staatssicherheit und weitere Stasi-Verwaltungen gestürmt und aufgelöst wurden, herrschte in den Gefängnissen des DDR-Geheimdienstes Friedhofsruhe. Die Bürgerbewegung machte um die geheime Haftanstalt in Hohenschönhausen einen großen Bogen.

Als das Ministerium für Staatssicherheit und weitere Stasi-Verwaltungen gestürmt und aufgelöst wurden, herrschte in den Gefängnissen des DDR-Geheimdienstes Friedhofsruhe. Die Bürgerbewegung machte um die geheime Haftanstalt in Hohenschönhausen einen großen Bogen. Ungestört konnten die Wächter ihre Spuren beseitigen. Tonnenweise verschwand technisches Gerät, das hinter hohen Mauern zum Zweck der Spionage und Bespitzelung hergestellt wurde.

Einzelheiten über das, was sich hinter Betonmauern, Stahltüren und Stacheldrahtverhauen abspielte, schildern die Historiker Peter Erler und Hubertus Knabe in ihrem neuen Buch „Der verbotene Stadtteil – Stasi-Sperrbezirk Berlin-Hohenschönhausen“ (Jaron Verlag Berlin 2005, 96 S., zahlr. Abb., 9,95 Euro). Bei der Buchvorstellung berichteten die Autoren, dass das Gefängnis und die vielen anderen MfS-Gebäude am 3. Oktober 1990, dem Tag der deutschen Einheit, besenrein übergeben wurden. Die auch Tigerkäfige genannten Kojen, in denen die Häftlinge, die wegen des Vorwurfs der Sabotage, Republikflucht und so genannter Staatsfeindlicher Hetze einsaßen, ein bisschen frische Luft schnappen konnten, waren zu diesem Zeitpunkt abgerissen und sind heute nur noch durch Fotos und Beschreibungen nachzuweisen. Holzpritschen in den Zellen hat man durch Betten ersetzt, und auch Besucherzimmer, die es nie im Stasi-Knast gegeben hat, wurden schnell noch eingerichtet. Sogar Blumenkästen wurden aufgestellt.

Das neue Buch setzt den Opfern der kommunistischen Gewaltherrschaft ein Denkmal und weist mit seinen vielen bisher unveröffentlichten Dokumenten und in Stasi-Archiven entdeckten Fotos auf einen weißen Fleck der DDR-Geschichte hin. Es wird, so kündigten Erler und Knabe an, „Ausgangspunkt weiterer notwendiger Forschungen sein“. Die Publikation sei ein Beitrag zur Aufarbeitung des DDR-Unrechts und diene zugleich als Informationsmaterial für Besucher der heutigen Gedenkstätte. Sie bietet Führungen durch das ehemalige Stasi-Gefängnis, Genslerstraße 66 in Hohenschönhausen, an, bittet aber um vorherige Anmeldungen unter der Rufnummer 9860 8230.

Weitere Informationen im Internet:

www.stiftung-hsh.de

Helmut Caspar

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