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Statistik: Jeder siebente Berliner ist überschuldet

Die Anzahl der Hauptstädter, die in der Schuldenfalle sitzen, ist leicht zurückgegangen. Doch das ist leider nicht mehr als ein Strohfeuer, meinen Experten. Schon 2009 sollen die Zahlen wieder deutlich steigen.

In Berlin gerieten 2008 weniger Menschen in die Schuldenfalle als im Vorjahr: Die Überschuldungsquote ging geringfügig um 1,29 Prozent auf knapp 14 Prozent zurück im Vergleich zu 2007. Im Klartext heißt das trotzdem: Jeder siebente Berliner ist überschuldet. Das berichtete die Wirtschaftsauskunftei Creditreform gestern bei der Vorstellung des „Schuldneratlasses“. Die leichte Verbesserung beschreiben die Experten allerdings als „Strohfeuer“: Bereits 2009 erwartet der geschäftsführende Gesellschafter der Firma eine Umkehr: „Wegen der Finanzkrise befürchten wir eine neue Überschuldungswelle“, sagte Jochen Wolfram.

Rund 410 000 Berliner können nach der Erhebung ihre Schulden nicht zurückzahlen, jeder von ihnen steht im Schnitt mit gut 30 000 Euro in der Kreide. Wolfram zufolge hängt die Überschuldung eng mit dem Arbeitsmarkt zusammen. Für das kommende Jahr sagen Konjunkturexperten eine Rezession und Entlassungen voraus. Die zu erwartende höhere Erwerbslosigkeit werde auch in Berlin weitere Menschen in die Schuldenfalle treiben. Bundesweit gibt es nur in Bremen mehr private Pleitiers als in Berlin.

Als überschuldet gilt für die Creditreform jemand, dessen Einkommen nicht ausreicht, um die Ausgaben zu bezahlen. Dabei ermittelt die Firma die Zahl der überschuldeten Haushalte anhand der Anzeigen ihrer Mitgliedsunternehmen. Das sind zum Beispiel Telefongesellschaften, Vermieter, Einzelhändler, Versandhäuser oder Finanzämter. Die meisten überschuldeten Berliner leben im Stadtteil Wedding: Fast jeder Vierte kann dort seine Rechnungen nicht mehr bezahlen (22,37 Prozent). Hoch ist die Überschuldungsquote auch in Neukölln (20,34 Prozent), in Tiergarten (21,09 Prozent) und in Kreuzberg (19,07 Prozent).

In den bürgerlichen Stadtteilen Berlins ist die Welt dagegen noch in Ordnung: In Zehlendorf, Steglitz, Köpenick und Wilmersdorf ist nicht einmal jeder zehnte in Zahlungsschwierigkeiten. Bemerkenswert ist, dass seit der letzten Erhebung in den wirtschaftlich schwachen Stadtteilen Kreuzberg und Tiergarten die Zahl überschuldeter Haushalte stadtweit am stärksten zurückging: um zwei Prozent.

„Der größte Verschuldungstreiber ist Arbeitslosigkeit“, sagt Jochen Wolfram. Weil diese dank der guten Konjunktur zurückging, verringerte sich die Überschuldungsquote in Berlin. Auch eine Scheidung, eine schwere Krankheit und die steigenden Verbraucherpreise bei stagnierenden Einkommen führten oft zu wirtschaftlichen Notlagen von Verbrauchern. Den typischen überschuldeten Berliner gibt es Creditreform zufolge nicht. „Alle Schichten sind betroffen“, sagt Wolfram. Allerdings gebe es den Grundsatz: Je jünger, desto größer die Gefahr, in die Schuldenfalle zu tappen. Die 35- bis 55-jährigen beherrschten den Umgang mit Geld besser als die Jüngeren“.

In Brandenburg ist jeder zehnte Einwohner überschuldet. Hier sank die die Quote um 1,46 Prozent auf 10,45 Prozent. Die meisten Schuldner leben in der Stadt Brandenburg/Havel (14,51 Prozent), die wenigsten in den Landkreisen Oder-Spree (9,09 Prozent), Spree-Neiße (9,11 Prozent) und Uckermark (9,3 Prozent). Potsdam liegt mit 9,71 Prozent auf Platz 7 der Schuldner-Skala.

Die Landesarbeitsgemeinschaft Schuldner- und Insolvenzberatung Berlin ist erreichbar unter Telefon: 45300118. Mehr im Internet: www.tagesspiegel/berlin.de

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