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Berlin: Statt Futter gab es Gewehrkugeln Die Jagdbehörde ließ mitten in einem Wohngebiet

in Schmargendorf ein Rudel Wildschweine erschießen

Von einem „Gemetzel“ sprachen wütende Anwohner, als am Dienstagnachmittag an der Heydenstraße in Schmargendorf in der Nähe des Rosenecks zwölf Wildschweine erschossen wurden. Die Jagdbehörde der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung begründete die von der Polizei begleitete Aktion damit, dass Gefahr für Menschen bestanden habe und die Sicherheit auf den Straßen der Umgebung nicht gewährleistet gewesen sei. Die Tiere fühlten sich immer wieder angezogen,weil sie gefüttert würden. Von einer systematischen Bekämpfung der Wildschweine in der Innenstadt, wie von Anwohnern vermutet, könne aber keine Rede sein.

Am Messelpark und an der Heydenstraße war am Dienstagnachmittag wie schon häufiger ein Rudel Wildschweine aufgetaucht. Die Tiere fühlten sich hier seit einiger Zeit heimisch. Doch es sollte ihr letzter Besuch werden. Die herbeigeholte Polizei sperrte die Umgebung ab. Die Frischlinge, gewohnt, auf dem Spielplatz gefüttert und hin und wieder von Kindern auf den Arm genommen zu werden, liefen zutraulich auf die behördlichen Jäger zu. Die aber legten, so schwer es ihnen auch gefallen sein mag, die Gewehre an und zielten. Einige Tiere entkamen zunächst ins Gebüsch, aber das rettete sie nicht. Zehn Frischlinge und zwei Bachen wurden erlegt.

Nach dem Jagdrecht ist die Jagd im besiedelten Gebiet nicht erlaubt, doch gebe es „ab und zu Ausnahmen“, sagte am Mittwoch der Landesjagdreferent Derk Ehlert. Von den Wildschweinen sei Gefahr ausgegangen, weil sie regelmäßig die Straßen der Umgebung, unter anderem die Clayallee, gekreuzt hätten. Auch auf einen Spielplatz gehörten sie nicht. Wenn auch „aus waidmännischer Sicht“ keine Menschen bedroht gewesen seien, hätten sich doch viele Anwohner durch die Anwesenheit der Schweine bedroht gefühlt. Es handele sich um Wildtiere, die nicht gefüttert werden dürften. Frischlinge könnten sich daran gewöhnen, so dass sie nie mehr in den Wald zurückwollten.

Wildschweine werden zum Problem in der Innenstadt, da der Wald nicht genügend Eicheln hergibt und sich auf dem trockenen Boden nicht gut nach Nahrung schnüffeln lässt. Dafür fühlen sich Wildschweine von Vorgärten angezogen, auch von Müll. Immer häufiger kommt es zu Unfällen. Vor wenigen Tagen gab es drei Verletzte auf der Heerstraße, als sich ein Auto beim Wildschwein-Ausweichen überschlug. Spektakulär war Ende Mai eine Saujagd über den Alexanderplatz.

Von der Praxis, Wildschweine in der Innenstadt zu betäuben und später im Wald auszusetzen, ist man in der Jagdbehörde abgegangen. „Die kommen sofort wieder aus dem Wald heraus“, sagt Ehlert. Im letzten Jagdjahr wurden 2333 Wildschweine im Wald abgeschossen, weil es zu viele gibt. Die Gesamtzahl ist den Behörden ein Rätsel. .

Christian van Lessen

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