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Berlin: Stille Nacht bei leisem Niesel

Die Stadt ist voll – und fühlt sich ruhig an.

Wo sind all die ganzen Leute hin? Am Freitag geht es in den Arkaden am Potsdamer Platz beschaulich zu – und das am Tag vor Heiligabend! Am Hauptbahnhof sind zwar die Züge voller und die Reisetaschen dicker als sonst, aber von Chaos und Gedränge keine Spur, zumal keine Schneeflocke die Züge herausfordert. Auch auf den Berliner Flughäfen herrscht Normalbetrieb. Vielleicht liegt es am arbeitgeberfreundlichen Wochenendtermin, dass die Stadt diesem Weihnachtsfest eher ruhig entgegendämmert.

Am gedämpften Licht wird sich Heiligabend wenig ändern. Nach einem verregneten Vormittag könne die Sonne nur kurz herauskommen, bevor sie untergeht, sagt Dennis Dalter vom Wetterdienst Meteogroup. Immerhin ist der Regen mit sieben Grad recht lau. Grau und mild gehe es weiter, wobei kräftiger Wind die Lichterketten draußen schaukeln lässt – sofern keine Böe den ganzen Baum fällt. Richtung Silvester werde es einen Tick kälter, aber Neujahr wieder wärmer, prophezeit Dalter. Frost sei nicht in Sicht – im Gegensatz zum Vorjahr, als die Schneedecke über Weihnachten von 22 auf 32 Zentimeter wuchs und mancher kaum aus der Parklücke kam, als er am späten Heiligabend die Oma nach Hause bringen wollte.

Das Wetter mag ein weiterer Grund für die vorweihnachtliche Ruhe sein: Winterkleidung gehe schlecht, sagt Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes. Schon jetzt würden die Preise für manche warme Sachen heruntergesetzt. Abgesehen vom ganz aktuellen Boom bei Lebensmitteln für die Festtage sei das Weihnachtsgeschäft aus Händlersicht passabel, aber nicht besonders gut verlaufen. Ein spezielles Trendprodukt gebe es in diesem Jahr nicht. Aber er bleibe optimistisch, denn „zum Weihnachtsgeschäft gehört auch die Woche danach – und die ist diesmal lang“.

2012 wird jene Woche kürzer, weil das Schaltjahr Heiligabend auf einen Montag schiebt – und damit auch die Weihnachtsfeiertage sowie Silvester und Neujahr 2013 weg vom Wochenende. Mehr Brückentage bedeuten erfahrungsgemäß auch mehr Tourismus. Burkhard Kieker, als Chef von Visit Berlin für die Auswärtigen zuständig, ist schon jetzt zufrieden: 550 000 Besucher kämen über die Feiertage in die Stadt – Deutsche ebenso wie Briten, Spanier und Italiener. Typische Weihnachtsgäste seien Paare und Familien, die es sich mal richtig gutgehen lassen wollten und in Berlin dem heimischen Weihnachtsstress entkämen. Ein Höhepunkt im Tourismus-Kalender sei Weihnachten aber nicht.Stefan Jacobs

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