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Berlin: Stilvolles Plätschern

Die Kaskaden am Lietzensee wurden für 246 000 Euro restauriert. Bereits vor dem Ende der Arbeiten gab es Vandalismusschäden an dem Bauwerk

„Lappigen, häutigen Fladen von Faust- bis Tellergröße, die penetrant nach Schwefelwasserstoff rochen“ haben die Anwohner des Charlottenburger Lietzensees ihre Kaskaden zu verdanken, die seit gestern wieder in alter Schönheit zu bewundern sind. Der Algenbefall des Sees wurde Anfang des 20. Jahrhunderts derart extrem, dass 1913 eine prachtvolle Wassertreppe zur Verbesserung der Wasserqualität in Betrieb genommen wurde.

246 000 Euro kosteten jetzt die Restaurierungsarbeiten an der Südspitze des Lietzensees, die im Januar 2005 begannen. Der Großteil des Geldes kam von der Stiftung Denkmalschutz Berlin, die auch die Restaurierung des Charlottenburger Tors maßgeblich unterstützt. Lothar de Maizière, Vorsitzender der Stiftung, nutzte daher die gestrige Feier, um für weitere Spenden zu werben.

Von einer nicht selbstverständlichen „harmonischen Zusammenarbeit“ zwischen Bau- und Umweltamt sprach die Sozial- und Umweltstadträtin von Charlottenburg-Wilmersdorf, Martina Schmiedhofer (Bündnis 90/Grüne). Baustadtrat Klaus-Dieter Gröhler (CDU), wünschte sich die Flexibilität der preußischen Stadtverordneten zurück. Diese bewilligten beim Bau des Pumpensystems 1912 kurzfristig weiteres Geld für die aufwändigen Kaskaden – „um ein harmonisches Ganzes zu erreichen“.

Gelohnt hat sich der Zuschuss: Auf den zehn Steinstufen der fünf Meter breiten Wassertreppe fließt das Wasser umsäumt von Blumen und Sträuchern in den See. Anders als im vergangenen Jahrhundert werden jedoch nicht mehr abwechselnd Trink- und Seewasser zugeführt. Heute wird das Wasser aus dem See abgepumpt, gefiltert und auf den Steinstufen mit Sauerstoff angereichert.

Ganz fertig ist die Restaurierung noch nicht: Erst in ein bis zwei Jahren werden die Laubengänge am Ufer mit Efeu bewuchert sein. Auch große Rhododendren und Pyramiden-Hainbuchen lassen noch etwas auf sich warten.

Sorgen machen Baustadtrat Gröhler Vandalismusschäden. Dagegen will er aber vehement vorgehen: „Schon während der Baumaßnahmen hatten wir Graffiti an den Kaskaden. Für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen, haben wir eine Belohnung ausgeschrieben, die sich lohnt: 1500 Euro.“ Doch bislang konnten die Sprayer nicht gefasst werden. Die Mitarbeiter des Ordnungsamtes sollen jetzt Sonderschichten an der Dernburgstraße schieben. Doch eine Vollzeit-Überwachung ist nicht möglich: „Das Ordnungsamt kann nur bis 23 Uhr arbeiten. Wir haben die Polizei gebeten, danach ein Auge auf die Kaskaden zu haben“, erklärt Gröhler.

Ein wenig strenger sei die Atmosphäre an den Kaskaden nach der Wiedereröffnung, sagt Marescha Rufert, der am Lietzensee aufgewachsen ist. „Bis 1977 habe ich hier als kleines Kind noch im Brunnen gespielt“, erinnert er sich. Das „Planschen und Spielen“ in den Anlagen ist nun jedoch verboten. Darauf weisen mehrere Schilder hin. Doch Rufert ist sicher: „Das werden sich die Berliner schon wieder aneignen.“ Weniger tragisch sieht Waltraud Hiß das Planschverbot – selbst bei der derzeitigen Hitze. „Das Wasser ist so grünlich. Da würde ich sowieso nicht gerne reingehen.“ Seit 25 Jahren lebt sie am Lietzensee, ihre Kinder haben oft an den Kaskaden gespielt. Heute bringt sie ihre Enkel Jacqueline und Mike an den See.

Hans Strömsdörfer

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