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Straffällige Kinder: Heim für kriminelle Kinder kommt bis Sommer

Der Senat schafft sechs Plätze für Täter unter 14 Jahren. Es soll aber kein geschlossenes Heim mit Gittern sein. Künftig soll das Familiengericht auch am Wochenende arbeiten.

Spätestens im Sommer bekommt Berlin ein spezielles Heim für kriminelle Kinder. Der Ort soll im Januar bekannt gegeben werden, drei Standorte in Berlin werden zur Zeit geprüft. Träger des Heimes mit sechs Plätzen werden zwei freie Träger. Dies kündigte der für Jugendsachen zuständige Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) am Mittwoch an. Insgesamt wollen Senat, Polizei und Justiz das Vorgehen gegen kriminelle Kinder deutlich verschärfen. Dazu gehört, dass aufgegriffene Täter unter 14 Jahren künftig so lange bei der Polizei festgehalten werden, bis über den Kindernotdienst und das Familiengericht geklärt ist, ob das Kind in dieses Heim kommt, weil es eine Gefahr für sich oder andere ist. Zöllner sprach von „massiv straffälligen und gefährdeten Kindern“. Die Einrichtung, dass verdeutlichte der Senator, werde aber kein geschlossenes Heim mit Gittern werden; vielmehr werde es eine intensive Betreuung geben, wie es sie derzeit schon im brandenburgischen Frostenwalde gibt. Selbst randalierende oder aggressive Kinder dürfen nicht eingesperrt werden, sondern sollen sich in einem besonderen Raum („Time-out-Raum“) in Anwesenheit eines Betreuers abreagieren.

Bislang hat die Polizei festgenommene Kinder nach der Personalienfeststellung sofort beim Notdienst abgegeben – von wo die Jungen in der Regel sofort wieder abhauen. Ab 2011 sichert die Justiz zu, dass auch am Wochenende ein Familienrichter Bereitschaft hat, um eine Unterbringung anzuordnen. In der Vergangenheit war mehrfach kein Richter zu erreichen gewesen für derartige Entscheidungen. Auch die medizinische Altersbestimmung soll beschleunigt und professionalisiert werden. Nach Zöllners Angaben sichert die Rechtsmedizin der Charité künftig eine Untersuchung innerhalb von 24 Stunden zu, für Mädchen soll zudem eine Ärztin bereit stehen. Die Aufträge sollen künftig per Mail oder Fax an die Charité gehen, nicht mehr zeitraubend über den Postweg. Kinder, die untersucht werden sollen, werden im Heim untergebracht, von wo sie dann zur Charité gefahren werden. Bislang wurden auch die Kinder brieflich zur Untersuchung „eingeladen“, die Resonanz war entsprechend gering.

Damals hatte das Landeskriminalamt eine Liste mit acht Namen bei der Justiz abgegeben, von denen sich die Ermittler sicher waren, dass die angeblichen Kinder deutlich älter und damit strafmündig sind. Wie berichtet, hatte die Charité im Frühjahr nach der Abwanderung des einzigen befähigten Rechtsmediziners jedoch diese Untersuchungen quasi eingestellt. Dem Vernehmen nach musste der Leiter der Rechtsmedizin, Michael Tsokos, in den letzten Wochen massiv gedrängt werden, diese Untersuchungen künftig zu übernehmen. In mehreren Fällen war die Polizei ausgewichen zu einem Brandenburger Rechtsmediziner, der immer bereit stand, wenn man ihn brauchte.

Wie berichtet, hatten im Sommer angeblich minderjährige arabische Drogendealer die Polizei über Wochen genarrt. Jeden Tag wurden sie beim Drogenhandel erwischt und zum Notdienst gebracht. Am nächsten Tag verkauften sie wieder Heroin im U-Bahnhof. Daraufhin hatte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) das Machtwort für ein geschlossenes Heim gesprochen – bislang hatte seine Partei diese verhindert. Zuvor hatte sich Polizeipräsident Dieter Glietsch ungewöhnlich deutlich dafür ausgesprochen. Ein wirklich „geschlossenes“ Heim nach Hamburger Vorbild werde in Berlin nicht entstehen, räumte Zöllner nun ein.

Ursprünglich hatte Zöllner Anfang September angekündigt, dass das Heim bis Ende des Jahres fertig sein sollte. Dies verschiebt sich nun um ein halbes Jahr, bis dahin können vier Plätze in einem geschlossenen Heim in Brandenburg genutzt werden. Seit September waren von diesen vier Plätze im Schnitt nur zwei belegt.

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