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Nenn' sie niemals Schließer, denn sie leisten viel mehr - Sozialarbeit, Begleitung, Kontrolle. In Berlin werden Anwärter für den Justizvollzugsdienst gesucht.

© dpa

Strafvollzug in Berlin: Der harte Job hinter Gittern

Sie sind Dolmetscher, Zuhörer, Aufpasser: die Vollzugsbeamten in Moabit. Drei Mitarbeiter erzählen hier von ihrem Job: „Man muss ausgeglichen und charakterfest sein.“

Von Fatina Keilani

Die Zellentür. Ein schwarzer Punkt, drei Papierschildchen: Kostzulage. Brotzulage. Schweinefleischfreie Kost. „Der schwarze Punkt bedeutet, dass der Inhaftierte hier in der Anstalt Tatgenossen hat“, sagt Detlef W., Justizvollzugsbediensteter. „Man darf Tatgenossen nicht gleichzeitig in die Freistunde lassen.“ Die Justizvollzugsanstalt Moabit ist wie eine gut geölte Maschine, ein Riesending, in dem jedes Rädchen ins andere greift. Allerdings benötigt sie neue Maschinisten. Deswegen werden demnächst 40 Nachwuchskräfte für den Justizvollzugsdienst eingestellt. Es laufen zwei Fristen: Bis 31. Januar für den Ausbildungsgang ab Mai, bis 28. Februar für die Ausbildung ab August. Die Perspektiven sind gut. Der letzte Lehrgang wurde komplett übernommen und verbeamtet. Besonders gern werden Leute mit Lebenserfahrung, ausländischen Wurzeln oder beidem genommen. Bewerber dürfen bis 40 Jahre alt sein, sie dürfen keine Vorstrafen haben, keine großen Schulden und müssen natürlich deutsche Staatsbürger sein.

David L. ist einer von ihnen. Er ist 33 und jetzt das siebte Jahr im Justizvollzugsdienst; bereut hat er die Entscheidung nie. „Man muss schon belastbar und eine ausgeglichene Persönlichkeit sein“, sagt er. Ihm mache die Arbeit Spaß, es gebe auch viel Situationskomik. Der Umgang mit den Häftlingen sei meist unproblematisch, Übergriffe seien selten. Die Polizei, bei der er sich zuvor vergeblich beworben hatte, würde ihn heute sicher mit Kusshand nehmen – korrekt, kompetent, zugewandt. Genau wie sein Kollege Serhat A. aus dem gleichen Lehrgang. A. ist schon 45; nach mehreren abgebrochenen Studiengängen hat ihn eher der Zufall zur Justiz gebracht. Er ist türkischstämmig und kann öfter mal dolmetschen. In der JVA Moabit sind fast die Hälfte der Insassen Ausländer – zum Stichtag 30. Juni 2013 waren es 483 von 1018. Türken sind eine der größten Gruppen. Auch für sie ist ein türkischer Vollzugsbediensteter angenehm, manchmal versprechen sie sich aber auch zu viel davon. „Es kommt vor, dass welche versuchen, sich zu verbrüdern“, sagt A., aber das gehe nicht, das müsse er dann melden: „Man braucht schon Charakterfestigkeit, um hier bestehen zu können.“

Der Tag beginnt um 6.20 Uhr mit der „Lebendkontrolle“. In jeder Abteilung wird eine Zelle nach der anderen aufgeschlossen, der Bewohner muss ein Lebenszeichen von sich geben, dann wird wieder zugeschlossen. Dann bringen Hausarbeiter das Frühstück. Hausarbeiter sind Häftlinge, die sich auf ihrer Station recht frei bewegen können, um ihre Arbeiten zu erledigen – Essen bringen, Wäsche wechseln, Müll entsorgen.

977 Inhaftierte sitzen derzeit in Moabit ein, davon 471 in Untersuchungshaft. Neuankömmlinge brauchen in der Regel ein paar Wochen, bis sie eingewöhnt sind, dann bekommen sie eine Arbeit. Allerdings können viele kein Wort Deutsch. Auch deshalb hofft die Justizverwaltung auf Bewerber mit Sprachkenntnissen. Senator Heilmann wirbt persönlich: „Die Justiz bietet tolle Chancen, auch für den Dienst in Strafvollzugsanstalten. Das Recht zu seiner Geltung zu bringen ist eine wichtige, verantwortungsvolle und spannende Aufgabe. Wir freuen uns über viele Bewerber!“

Etwa 340 Menschen arbeiten im Vollzugsdienst in Moabit – im Schichtdienst rund um die Uhr, der Dienstplan steht meist drei Monate im Voraus fest. Und das Schöne: Sie dürfen nach getaner Arbeit wieder raus.

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