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Schwarze, längst ergraut. CDU-Vorsitzender Ingo Schmitt (rechts) wollte im Herbst 2006 mit seinem Spitzenkandidat Friedbert Pflüger an die Macht. Es kam bekanntlich etwas anders.

© picture-alliance/ dpa/dpaweb

Streit in der Berliner CDU: Ex-CDU-Chef Schmitt attackiert Henkel

Ingo Schmitt war ein mächtiger Politiker in der CDU, nun ist er ausgetreten. Der alte Parteichef wünscht sich Henkels Vorgänger zurück: SPD-Mann Körting.

Viele Jahre hatte man in der Berliner CDU von Ingo Schmitt nichts mehr gehört – jetzt hat der einstige Landesvorsitzende sich mit einer harschen Generalabrechnung ganz von seiner Partei getrennt. Schmitt attackiert vor allem seinen Nachfolger Frank Henkel, der die Berliner CDU seit 2008 führt und seit Ende 2011 auch Innensenator ist. Aber auch andere CDU-Spitzenleute bekommen in Schmitts zweiseitigem Austrittsschreiben an den Kreisvorstand der CDU Charlottenburg-Wilmersdorf, das dem Tagesspiegel vorliegt, scharfe Kritik zu hören.

Schmitt begründet seinen Austritt mit inhaltlichen und personellen Entwicklungen der CDU in den vergangenen Jahren. So habe die Partei bei Themen wie Wehrpflicht, Atomkraft oder Mindestlohn ihre Grundsätze aufgegeben, die CDU habe sich zudem von einer Europapartei zu einer EU-skeptischen Partei entwickelt. Die schärfste Kritik aber richtet sich gegen das aktuelle Spitzenpersonal der Berliner CDU – mit dem Schmitt in seiner Zeit als Parteichef von 2005 bis 2008 viele oft persönlich geprägte Auseinandersetzungen hatte.

So wirft er der CDU unter Frank Henkel vor, sich auf eine Koalition unter Führung von Klaus Wowereit (SPD) eingelassen zu haben. Dem sei es einst zu verdanken gewesen, dass Eberhard Diepgen 2001 als Regierender Bürgermeister abgewählt wurde und die Stadt fortan bis 2011 von einem Bündnis aus SPD und der heutigen Linkspartei regiert wurde. Mit Hilfe der CDU könne Wowereit seit 2011 seine von Schmitt abgelehnte Politik fortsetzen – und habe bei zentralen Projekten wie der Fertigstellung des Flughafens BER versagt.

Henkel habe als CDU-Landesvorsitzender und Senator kein eigenes Profil

Frank Henkel habe als CDU-Landesvorsitzender und Senator kein eigenes Profil entwickelt. Er, Schmitt, wünsche sich angesichts von Henkels Bilanz im Amt dessen SPD-Vorgänger Ehrhart Körting zurück. „Der Landesvorsitzende der Berliner CDU lässt sich regelmäßig von Herrn Wowereit austricksen und ist an Blässe in seinem Regierungsamt nicht zu überbieten“, schreibt Schmitt. „Da in Regierungsämter nicht immer die Sonne scheint, ist ein Schönwettersenator fehl im Amt.“

Ähnlich harsche Worte findet Schmitt auch für das Führungspersonal in seinem Kreisverband sowie für das Berliner Bundestagspersonal, allen voran seine einstige Widersacherin Monika Grütters, heute Kulturstaatsministerin im Bundeskanzleramt.

Den derzeit in der CDU besonders umstrittenen Justizsenator Thomas Heilmann erwähnt Schmitt nicht – allerdings hat der Ex-Parteichef seinen Austrittsbrief bereits am 25. Juni abgeschickt, als der aktuelle Streit um Heilmann im Senat gerade erst öffentlich bekannt wurde.

Viele Akteure der Berliner CDU zeigen sich von Schmitts Parteiaustritt überrascht

Es ist die bittere Abrechnung eines tief Enttäuschten, ein letztes Nachtreten in Richtung der einstigen Parteifreunde, denen der einstige Bundestags- und EU-Abgeordnete Schmitt die Schuld für das Aus seiner politischen Karriere gibt. So sehen es auch viele, die in der heutigen Berliner CDU den Ton angeben. „Das sind die Geister der Vergangenheit“, sagt ein CDU-Mann. Schmitt sei einst „der Chef vom Intrigantenstadl CDU“ gewesen. Die heutige CDU unter ihrem Vorsitzenden Frank Henkel habe von Schmitt vor allem gelernt, „wie man’s nicht machen sollte“. Heute laufe es für die Berliner CDU „super“ – das vertrage der geschasste Schmitt wohl nicht.

Viele Akteure der Berliner CDU zeigen sich von den Umständen von Schmitts Parteiaustritt überrascht. Eine Rolle in der CDU habe der schon lange nicht mehr gespielt, heißt es. Ein Funktionär, der Schmitt gut kennt, vermutet neben den politischen Kritikpunkten profane Gründe für Schmitts Schritt. Wahrscheinlich habe der einstige Parteichef beim Blick auf seine Kontoauszüge irgendwann gemerkt, dass er als ehemaliger Mandatsträger Monat für Monat 100 Euro an eine Partei überweist, mit der ihn weniger und weniger verbindet – und dann die Verbindung gekappt.

Schmitt hatte 2008 im Machtkampf mit dem damaligen Fraktionschef Friedbert Pflüger seinen Posten als Landesparteichef verloren. Im Zuge der Auseinandersetzung, die dann auch Pflüger seinen Posten kostete, wurde dem damaligen Bundestagsabgeordneten Schmitt von seiner Partei 2009 auch ein aussichtsreicher Posten auf der Landesliste für die Bundestagswahl verwehrt. Der heutige Parteichef und Innensenator Frank Henkel übernahm in der Krise 2008 erst das Amt des Fraktions- und dann auch das des Parteivorsitzenden.

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