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Berlin: Streit um städtische Wohnungen

Expertise der Finanzverwaltung plädiert für eine Privatisierung der Bestände SPD und PDS bleiben trotzdem bei ihrer bisherigen Linie

Ein internes Gutachten der Finanzverwaltung hat die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Linkspartei/PDS ein wenig durcheinandergebracht. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) hatte eine Fachbeamtin beauftragt, die Daseinsberechtigung städtischer Wohnungsbaugesellschaften wissenschaftlich zu untersuchen. Das Ergebnis: „Hinreichende Argumente gegen die Privatisierung öffentlicher Wohnungsbestände gibt es nicht.“

Das Festhalten an einer bestimmten Quote für kommunales Wohnungseigentum sei eine „rein politische Entscheidung“ und lasse sich nicht empirisch begründen, steht in der Expertise. „Für die Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung und für den überwiegenden Teil der Zielgruppen der sozialen Wohnraumförderung sind negative Auswirkungen durch die Privatisierung von Wohnungsunternehmen nicht beobachtbar.“ Zugangsprobleme gebe es nur für schwer oder „nicht wohnfähige“ Mieter. Diese Problemfälle ließen sich durch Krisenintervention, Familienhilfe, Schuldnerberatung oder andere Angebote auffangen.

In dem Papier wird auch behauptet, dass öffentliche Wohnungsbestände nicht mietpreisdämpfend wirken. Sollte es Engpässe bei preiswertem Wohnraum geben, könne dies durch „Unterstützungsleistungen“, sprich Wohngeld abgemildert werden. Außerdem gingen die Prognosen in Berlin von einem weiterhin entspannten Wohnungsmarkt bis 2020 aus.

Nun gibt es zwei Konzepte, mit denen sich die Koalitions-Arbeitsgruppe „Stadtentwicklung“ auseinandersetzen muss. Die Expertise der Finanzverwaltung und ein dazu konträres Konzept der Bausenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) für eine „Gesamtstrategie für städtische Wohnungsbaugesellschaften“. Junge-Reyer bleibt bei ihrer Haltung, dass die landeseigenen Unternehmen als „Einflussinstrument der Wohnungs- und Sozialpolitik“ unverzichtbar sind. Ihr Papier stützt sich auf einen SPD-Parteitagsbeschluss vom April 2006, in dem gefordert wird, 15 Prozent des Berliner Wohnungsbestands in öffentlicher Hand zu belassen. Nur so könne die Politik weiterhin auf die Mietpreise einwirken, die soziale Mischung in den Quartieren erhalten und das Wohnumfeld attraktiver gestalten.

PDS-Spitzenmann Harald Wolf erklärte gestern, dass in den laufenden Gesprächen zwischen SPD und Linkspartei „klare Verabredungen getroffen“ wurden. Danach solle es keinen Ausverkauf der städtischen Wohnungsunternehmen geben. Sollten Verkäufe notwendig sein, dann an andere landeseigene Gesellschaften oder an Genossenschaften. Der Finanzsenator bezeichnete das strittige Papier aus seiner Verwaltung als „Diskussionsbeitrag“. Wenn die Koalition einen bestimmten Anteil öffentlicher Wohnungen behalten wolle, akzeptiere er eine solche politische Entscheidung. za

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