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Wolf Wegener stellte sein Buch "Deutschland schafft das Auto ab" vor.

© DAVIDS

Streitschrift von Ex-ADAC-Chef: Die Weißglut eines Autofahrers

Zum Untergang des Autolandes gibt es Tagliatelle mit Trüffeln, die Sache hat also Stil. Wolf Wegener, ehemals ADAC-Chef, stellt eine Streitschrift vor: „Deutschland schafft das Auto ab“.

Der kleine Italiener am Hagenplatz in Grunewald passt auch insofern gut zum Thema Individualverkehr, als er mit öffentlichen Verkehrsmitteln aus der Innenstadt ziemlich schwer zu erreichen ist. Aber man wird annehmen dürfen, dass Wolf Wegener, die Verkörperung des Berliner ADAC, mit dem Auto angereist ist, um sein Buch vorzustellen. „Deutschland schafft das Auto ab“ heißt es, Moment, war da nicht mal...

Verleger Klaus Förg grinst diskret, Autor Wegener wehrt ab: „Das hat mit dem Buch von Sarrazin null zu tun“, schwört er, es habe auch ursprünglich „Deutschland wrackt das Auto ab“ heißen sollen, so alt sei der Beschluss zum Schreiben schon. Und übrigens habe man ja die Hoffnung, dass das Buch dazu beitrage, eben diese Abschaffung zu verhindern.

Wegener macht sich das Mittagessen nett, er hat zwischen den Rosenblättern auf den weiß gedeckten Tischen für die Atmosphäre Automodelle aus eigener Sammlung aufgebaut, gleich vor ihm steht eine massive Bronze, ein Rennwagen mit zwei Insassen von 1913. Der promovierte Jurist, 78 Jahre alt, war 50 Jahre lang in verschiedenen ADAC-Funktionen tätig, von 1978 bis 2008 als ehrenamtlicher Vorsitzender in Berlin. Alles andere als eine saftstrotzende Verteidigung des Autos wäre aus seiner Feder eine Überraschung, und auch sein Koautor, der „BZ“-Redakteur Gunnar Schupelius, steht grünem Gedankengut bekanntermaßen so fern wie die Avus dem Jakobsweg.

Beide haben sich vorgenommen, eine Streitschrift vorzulegen, die mit der Benachteiligung des Autos, insbesondere des Pkw, aufräumen soll. Er habe „anderthalb Jahre intensiv geforscht“, sagt Wegener, denn er arbeite als Jurist nicht mit Fakten, die nicht belegt seien. Also geht es auf 250 Seiten quer durchs Eingemachte, beginnend bei der Automobilgeschichte über die Ränke der Politiker bis hin zu technischen Detailfragen wie Energiebilanzen. Die bekannte „Melkkuh der Nation“ marschiert durchs Dorf, die kaputten Straßen treten auf, die kommunalen Abzocker mit ihrer Blitzkastenplanwirtschaft und die verkehrspolitischen Entscheider, die immer den Radlern und dem ÖPNV den Vorrang einräumen, Autofahrer mit Vorrangschaltungen, Busspuren und Blumenkübeln zur Weißglut treiben und sie per Umweltzone enteignen.

Könnte es sein, dass das Auto durch seine schlicht zu hohe Zahl selbst das Problem ist und den Politikern kaum eine andere Wahl lässt als das Zurückdrängen? So sehen Wegener und seine Leute die Welt natürlich nicht, denn sie fühlen sich von Ideologen umzingelt. Wer Auto fahren will, sagen sie, der solle das tun können, ohne drangsaliert zu werden. „Freie Fahrt für freie Bürger“ hieß das früher, heute ist man nicht mehr gar so offensiv – weiß am Ende aber auch nicht genau, wo all die Autos hin sollen außer auf zusätzliche Fahrspuren, für die kein Platz da ist.

Wegener argumentiert als Privatmann, ADAC-Mitglied, aber eben nicht so kompromissmutig wie der Verein als Ganzes. „Das Auto war meine Welt und ist meine Welt“, sagt er, „ und es bleibt auch weiter das liebste Kind der Deutschen.“ Bei Amazon liegt das frisch ausgelieferte Buch übrigens auf Platz 31 in „Politik & Geschichte“. Daniela Katzenberger und Helmut Schmidt sind schon überholt.

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