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In der zweiten Nacht in Folge gab es in Berlin heftige Unwetter.

© Kai-Uwe Heinrich

Update

Sturm und Gewitter: Autobahnsperrung und ausgefallene Ampeln nach Chaosnacht in Berlin

Heftige Gewitter haben zu einer Chaosnacht in Berlin geführt: Die Feuerwehr wurde von Fehlalarmen in Atem gehalten, als in Tempelhof ein Dach in Brand geriet, konnte sie nicht schnell genug Löschwagen schicken. Das Haus wurde vom Feuer zerstört. Und ausgerechnet in der Verkehrsleitzentrale schlug der Blitz in die Server ein - stundenlang war die Schaltstelle außer Gefecht gesetzt.

Am Sonntagmittag, nach einer Nacht mit heftigen Gewittern und starkem Regen, sind in Berlin noch immer rund hundert Ampeln ausgefallen, wie ein Mitarbeiter der Verkehrsleitzentrale sagte. Aufgrund des heftigen Regens mussten in Berlin in der Nacht mehrere Straßen gesperrt werden - und ausgerechnet in dieser Situation schlug der Blitz in die Server der Verkehrsleitzentrale ein. Von drei Uhr nachts bis kurz nach neun Uhr am Sonntagmorgen sei der Strom ausgefallen, sagte ein Sprecher am Sonntagmorgen. "Das war der denkbar ungünstigste Zeitpunkt." Man habe für zwei Stunden Notstrom gehabt, danach sei man außer Gefecht gesetzt gewesen.

Auch fielen zahlreiche Ampeln aus, was aber nach Auskunft der Sprechers derzeit nicht zu größeren Behinderungen im Verkehr führt. "Die Berliner sind darin erprobt", sagte er. Am Nachmittag waren beispielsweise an der Kreuzung Gneisenaustraße / Mehringdamm, einer Hauptkreuzung Berlins, die Ampeln ausgefallen, es sind keine Polizisten vor Ort, um den Verkehr zu regeln. Auch an folgenden großen Kreuzungen sind die Ampeln ausgefallen: Mollstraße / Ecke Keibelstraße; Hauptstraße / Ecke Karlshorster Straße; Kantstraße / Savignyplatz; Rosa-Luxemburg-Straße / Memhardstraße; Blumberger Damm / Cecilienstraße, Greifswalder Straße / Otto-Braun-Straße. An letzterer Kreuzung haben es Polizisten übernommen, den Verkehr zu regeln.

Wenn in der Verkehrsleitzentrale der Strom ausfällt, bedeutet das nicht, dass alle Ampeln in Berlin ausfallen - es bedeutet aber, dass kaum noch reagiert werden kann, wenn etwas schief läuft, und es führt offenbar, anders als ein Mitarbeiter der Leitzentrale am Morgen sagte, dazu, dass ein gewisser Teil der Ampeln ausfällt. Offenbar schlug der Blitz im Erdreich in ein Stromkabel ein, das zum Server hinführte. Dass der Notstrom nur für gut zwei Stunden reichte, ist dem Mitarbeiter der Verkehrsleitzentrale zufolge einem weiteren unglücklichen Umstand zu verdanken: Man habe schlicht nicht bemerkt, dass das Notstromaggregat angesprungen war, andernfalls hätte man einige extrem stromfressende Großbildschirme ausschalten und so sehr viel länger mit Notstrom arbeiten können. Auf die Frage, warum es keine automatische Benachrichtigung gibt, wenn der Notstrom anspringt, sagte der Mitarbeiter: "Das habe ich meinen Chef heute morgen auch als erstes gefragt."

Sehen Sie hier, welche Zerstörung in der Nacht zu Sonnabend Tegel angerichtet wurde:

Streckenweise mussten in der Nacht beispielsweise auch Sachsendamm und Schlichtallee gesperrt werden, weil sie unter Wasser standen. Auch die A 100 wurde zwischen Alboinstraße und Innsbrucker Platz gesperrt, die komplette Fahrbahn stand unter Wasser, die Verschalung einer Tunnelwand drohte abzurutschen. Mittlerweile ist die Strecke wieder freigegeben. Auch eine Vollsperrung der A 100 in südlicher Fahrtrichtung zwischen Schöneberg und Tempelhofer Damm ist wieder aufgehoben. Zur Stunde gibt es aber im Stadtgebiet nach wie vor vereinzelte Sperrungen von Streckenabschnitten.

Insgesamt gab es in der Nacht, in der ein heftiges Gewitter über Berlin tobte, 38 Feuermeldungen, eine sehr hohe Zahl. Mittlerweile ist klar, dass es sich bei rund dreißig davon um Fehlalarme handelte: Ein Sprecher der Feuerwehr sagte, es sei ein bekanntes Phänomen, dass große Brandmeldeanlagen, beispielsweise von Firmen, bei Gewitter aufgrund der statischen Aufladung der Luft Fehlalarme auslösen. Die Anlagen sind mit der Leitstelle der Feuerwehr vernetzt, und bei jedem Alarm muss die Feuerwehr ausrücken - da sie nicht von einem Fehlalarm ausgehen kann.

Opfer dieses Umstands wurden in der Nacht die Bewohner eines Zweifamilienhauses am Marienhöher Weg in Tempelhof. Dort war der Blitz in das Dach eingeschlagen und hatte es in Brand gesetzt. Wie der Sprecher der Feuerwehr am Sonntagmorgen sagte, kam hier "fatalerweise" ein Umstand hinzu: Aufgrund der Vielzahl der Einsätze konnten nicht schnell genug Löschwagen geschickt werden, schließlich habe ein Wagen aus Weißensee beordert werden müssen.

Hunderttausende Euro Sachschaden

Als dieses Haus im Marienhöher Weg in Tempelhof brannte, konnte die Feuerwehr einem Sprecher zufolge nicht rechtzeitig helfen.
Als dieses Haus im Marienhöher Weg in Tempelhof brannte, konnte die Feuerwehr einem Sprecher zufolge nicht rechtzeitig helfen.

© Andreas Markus

Da war es aber schon zu spät: Der Dachstuhl brannte komplett aus, der Rest des Hauses ist durch Löschwasser massiv beschädigt und unbewohnbar. Dem Sprecher zufolge wurde niemand verletzt, es entstand ein Sachschaden in Höhe von mehreren hunderttausend Euro.

Glimpflicher verlief ein Brand in Karlshorst, wo circa 20 Quadratmeter eines Daches in Brand gerieten, aber schnell gelöscht werden konnten.

Von 3:16 bis 7 Uhr morgens galt in Berlin der Ausnahmezustand, wie ein Sprecher der Feuerwehr am Morgen sagte. Demnach hatte auch der Deutsche Wetterdienst eine Unwetterwarnung ausgesprochen. Insgesamt hatten die Einsatzkräfte der Feuerwehr 262 Einsätze zu bewältigen, darunter vor allem Wasserschäden: 214 Mal musste die Feuerwehr ausrücken, weil beispielsweise Keller vollgelaufen waren. 5 Mal mussten die Beamten umgestürzte Bäume oder heruntergefallene Äste beseitigen, 3 Mal wurden sie gerufen, weil sich Bauteile von Häusern gelöst hatten.

Betroffen waren in dieser Nacht vor allem die südlichen und südöstlichen Bezirke. In Brandenburg haben die Gewitter relativ wenige Schäden verursacht. „Unsere Region ist glimpflich davon gekommen“, sagte eine Polizeisprecherin am Sonntag in Potsdam. Zwar habe es vereinzelt umgestürzte Bäume und mit Wasser vollgelaufene Keller sowie überspülte Straßen gegeben. Menschen seien aber nicht zu Schaden gekommen, fügte sie hinzu.

In der Nacht auf Sonnabend hatte, lokal eng begrenzt, ein Sturm in Tegel verheerende Verwüstungen angerichtet. Dutzende Autos wurden zerstört, Bäume entwurzelt, Balkone abgerissen, Gehwege zerstört. Ein solches singuläres Ereignis wiederholte sich der Feuerwehr zufolge in der Nacht auf Sonntag nicht, die Beamten sind aber noch immer damit beschäftigt, in Tegel die Spuren der Zerstörung zu beseitigen.

Rainer und Christina Dörger wohnten in dem Haus, dessen Dachstuhl ausbrannte.
Rainer und Christina Dörger wohnten in dem Haus, dessen Dachstuhl ausbrannte.

© Jörn Hasselmann

Der Deutsche Wetterdienst teilt mit, dass sich auch im Laufe des Sonntagnachmittags und -abends Schauer und einzelne Gewitter entwickeln können, die aber kaum noch unwetterartig sind. Dennoch: Mit Starkregen, Sturmböen und Hagel ist zu rechnen. Als formaler Grenzwert für ein Unwetter gelten 25 Liter Regen pro Quadratmeter und Stunde, sagt Gerd Saalfrank vom Deutschen Wetterdienst. Werte darunter, ab 10 Liter, gelten als Starkregen, aber nicht als Unwetter. In der vergangenen Nacht wurden Werte von 41 Liter (Fläming) über 35 Liter (Raum Beeskow) bis zu 29 Liter (Prignitz) gemessen. In Berlin wurde in Marzahn ein Höchstwert mit 23 Litern gemessen.

Zu den Aussichten sagt Saalfrank: "Das Allerschlimmste ist erst einmal vorbei, aber auch in den kommenden Tagen ist beinahe täglich mit Regen und Gewittern zu rechnen." Vermutlich wird es den Südosten Brandenburgs schlimmer treffen als Berlin. Die große Hitze mit feucht-warmem Wetter ist erst einmal vorbei, erwartet werden in Berlin Temperaturen von 22 bis 23 Grad.

(mit dpa/dapd)

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