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Berlin: Tabubruch II

Der katholische Pfarrer Bernhard Kroll nahm am evangelischen Abendmahl teil – und rechnet mit Konsequenzen

Es ist 19 Uhr am Sonnabend in der Gethsemane-Kirche. Noch eine halbe Stunde, dann wird der Kelch vor seiner Nase sein. Der Kelch, der womöglich sein Leben durcheinander wirbelt. Bernhard Kroll hat sich entschlossen, aus dem Kelch zu trinken, egal was kommt. Deshalb schwitzt er nun in seinem hochgeschlossenen Talar, sein Gesicht ist rot. Der katholische Priester ist nur zur Besuch in Berlin, nur um am Samstagabend im zweiten ökumenischen Gottesdienst in der Gethsemane-Kirche die Predigt zu halten – und am ökumenischen Abendmahl teilzunehmen, das evangelische Pfarrer austeilen. Das aber hat der Papst verboten, denn evangelische Pfarrer sind nicht geweiht, und deshalb nach römischer Lesart nicht fähig, die Oblate authentisch auszuteilen.

Am Sonntag ist Kroll wieder ins bayerische Dietenhofen-Großhabersdorf im Bistum Eichstätt zurückgefahren. Dort hat er studiert, dort ist er seit fünf Jahren katholischer Gemeindepfarrer. Der Kirchenmann ist 41 Jahre alt, gut genährt und sieht aus wie jemand, dem Beruf und Leben Spaß machen. Eher nicht der Rebellen-Typ.

Warum tut er sich das dann an mit dem Abendmahl in Berlin? „Ich denke, dass die Zeit reif ist, diesen Schritt zu gehen“, sagt Kroll. Gemeinsame Gottesdienste mit evangelischen Pfarrer – allerdings ohne gemeinsames Abendmahl –, das ist für ihn zuhause Alltag. Deshalb hat er sich vor ein paar Wochen bereit erklärt, in Berlin mitzumachen. Die Leute von „Kirche von unten“, die die umstrittenen Abendmahlsfeiern organisiert haben, hat er bei einer Veranstaltung in Eichstätt kennen gelernt. Außerdem hatte er gehofft, dass Rom im Vorfeld des Kirchentages moderatere Töne anschlagen werde. Stattdessen kam eine Enzyklika, „die alle alten Positionen wiederholt hat“, sagt Kroll. Jetzt rechnet er mit Konsequenzen. „Eine Abmahnung mindestens“, sagt der Priester nach dem Gottesdienst und lacht kurz auf, ein Galgenhumorslachen. Auch dass er beurlaubt wird, sei drin. Seine Kollegen zuhause werden ihn für verrückt erklären, mutmaßt Kroll und knetet seine Hände. Die Nervosität der vergangenen Tage haben auch an den Fingernägeln Spuren hinterlassen. Kommenden Mittwoch hat er einen Termin bei seinem Erzbischof Walter Mixa. Da soll es eigentlich um Jugendarbeit in der Diözese gehen. „Mixa braucht mir also gar keine Einladung zum klärenden Gespräch zu schicken.“

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