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Die Helfer brauchen Hilfe. Songül Incedal, Thomas Knorr, Stefanie Corogil, Sabine Niels und Leiterin Jane Daffy (v. l.) engagieren sich beim Mentoring-Projekt.

© Kitty Kleist-Heinrich

Tagesspiegel bittet Leser um Spenden: Paten für Jugendliche in Nordneukölln gesucht

In Neukölln helfen Mentoren Jugendlichen dabei, sich berufliche Ziele zu setzen und zu erreichen. Das erfolgreiche Projekt kämpft mit Kürzungen – und hofft auf die Spenden der Tagesspiegel-Leser.

Irgendwann erreichte Edon auf dieser Berufsmesse den richtigen Stand. Ein 14-jähriger Schüler mit verschüchtertem Blick, der eigentlich nur wusste, dass er später in seinem Job „irgendetwas anfassen will“. Er hatte so viele Fragen, deshalb stand er jetzt ja bei diesem Biotechnologie-Unternehmen. Ein Mitarbeiter erzählte ihm, was die Ingenieure seiner Firma entwickeln, welche Möglichkeiten Praktikanten haben, Informationen, die Edon begierig aufnahm.

"Er war so stolz"

Für den Firmenmitarbeiter war es ein Routinegespräch, für Edon eine enorme Leistung. Zum ersten Mal hatte er sich mit so viel Aufwand um seine berufliche Perspektive gekümmert. „Er war so stolz, dass er dieses Gespräch bewältigt hat“, sagte Heinz später.

Heinz ist der Mann, ohne den sich Edon nicht an diesen Stand getraut hätte. Heinz ist der Mann, der hinter dem Selbstbewusstsein eines 14-Jährigen steht, der nach Orientierung sucht. Heinz ist der Mentor von Edon, einer der 62 ehrenamtlichen Mentoren, die für das Projekt „Jugend-Mentoring Hürdenspringer“ des Unionhilfswerks arbeiten. Aber diese Arbeit ist jetzt in Gefahr. EU-Mittel wurden drastisch gekürzt, das Hilfswerk kann ohne Ersatz die Miete für die Räume am Richardplatz nicht mehr tragen. „Wir würden mit den Spendengeldern gerne ein Jahr lang die Miete bezahlen“, sagt Jane Daffy. Die Germanistin koordiniert beim Hilfswerk die Arbeit am Albrecht-Dürer-Gymnasium. Die Einrichtung kooperiert mit drei Schulen in Neukölln, neben den Gymnasium gehören dazu noch zwei Sekundarschulen.

Hilfe auf Augenhöhe

Nachnamen spielen bei Mentoren keine Rolle. Sie heißen Diana oder Dorit oder Eva oder auch Heinz. Die Mentoren sind Erwachsene, ihre Schützlinge Jugendliche. Aber es geht um Augenhöhe, um gegenseitige Akzeptanz. „Bei uns lernen Mentoren und Jugendliche gegenseitig voneinander“, sagt Daffy. Deshalb werden die Duos auch Tandems genannt. Die Mentoren bereiten Schüler auf einen passenden Beruf vor oder helfen dabei, erst mal den passenden Beruf zu finden. Sie stellen berufliche Alternativen vor oder bereiten Schüler auf einen jeweils optimalen Schulabschluss vor. Sie ersetzen in vielen Punkten jene Eltern, die für ihre Kinder das Beste wollen, aber bei solchen Punkten scheitern müssen. Weil sie entweder selbst nie einen Beruf erlernt haben, weil sie die Vielfalt beruflicher Möglichkeiten nicht kennen, oft auch, weil in ihrer Verwandtschaft niemand ist, der den eigenen Kindern berufliches Vorbild sein kann.

Eltern fehlt die Kompetenz

„Wir haben keine Kinder aus zerrütteten Familien“, sagt Jane Daffy, „wir haben aber viele Eltern, die einfach nicht wissen, wie sie über berufliche oder schulische Möglichkeiten informieren sollen.“ Hier greifen die Mentoren ein. Freiwillige, die mit Jungen wie Edon einen Kompetenzcheck bei der Industrie- und Handelskammer machen oder aus ihrer eigenen Erfahrung erzählen. Ein Jahr, maximal zwei Jahre begleitet ein Mentor einen Jugendlichen, die beiden treffen sich einmal pro Woche, es gibt sechs PC-Arbeitsplätze in den Projekträumen am Karl-Marx-Platz 20. Der Mentor erzählt aus seinem Leben, von seinem Beruf; der jugendliche Gesprächspartner erzählt aus dem eigenen Alltag, von Träumen, Zielen und Wünschen. „Die Jugendlichen fühlen sich akzeptiert, sie fassen Vertrauen“, sagt Jane Daffy. Vor allem aber entwickeln sie Selbstbewusstsein. Die Schüler entdecken selber ihren Weg, sie lernen, sich auf Gespräche vorzubereiten oder merken, dass sie einen hochwertigen Schulabschluss wollen. So gibt es auch hier Fortschritte, wie auch rund um das bekannte Campus Rütli.

Das wohl spektakulärste Betreuungsprogramm erlebte die junge Sultan. Ihre Mentorin, hochqualifiziert und aus vermögendem Haus, organisierte für die damals 16-Jährige einen einjährigen High-School-Aufenthalt in den USA.

In den USA gereift

Die Mentorin sammelte dafür sogar selber Spenden. Dafür musste sie auch helfen, Sultans Eltern von der Idee zu überzeugen. Weil sie selbst türkische Wurzeln hat, fiel ihr das leichter. Und es funktionierte. Als Sultan aus den USA zurückkehrte, „hatte sie sich enorm entwickelt“, sagt Jane Daffy. „Sie ging als Mädchen und kam als junge Frau wieder.“ Jetzt geht Sultan in die zwölfte Klasse eines Gymnasiums in Neukölln und möchte mal Psychologie studieren.

Seit 2007 gab es 270 Tandems. „98 Prozent aller Jugendlichen erreichen ihre selbst gewählten Ziele“, sagt Daffy. Nun wird Geld benötigt, damit Schüler wie Edon auch in Zukunft Perspektiven aufgezeigt bekommen. Als er von der Messe ins Albrecht-Dürer-Gymnasium zurückkam, kümmerte er sich gleich um ein Praktikum.

Spenden bitte an: Spendenaktion Der Tagesspiegel e. V., Verwendungszweck: „Menschen helfen!“, Berliner Sparkasse (BLZ 100 500 00), Konto 250 030 942 – Namen und Anschrift für den Spendenbeleg notieren. BIC: BELADEBE,

IBAN: DE43 1005 0000 0250 0309 42

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