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Tankbetrug: Volltanken und verschwinden

Die Benzinpreise steigen, die Zahl der Kraftstoffdiebstähle auch. Besonders in Brandenburg gibt es immer mehr "Schwarztanker" - Banden stehlen mittlerweile sogar Diesel aus Baumaschinen.

Berlin - Die Spritdiebe werden immer dreister. Vor Wochen zapften zwei Männer an einer Tankstelle im brandenburgischen Döbern in einen selbstgebauten Spezialtank 178 Liter Benzin. Doch ihr "übervolles Auto" sprang nach Polizeiangaben nicht an, und die verhinderten Diebe flüchteten zu Fuß. Obwohl von einer Videokamera gefilmt, fehlt noch jede Spur von den Unbekannten.

"Solche außergewöhnlichen Betrugsfälle werden in Deutschland zwar nicht jede Woche bekannt", sagt die Geschäftsführerin des Bundesverbandes Tankstellen und gewerbliche Autowäsche (BTG), Sigrid Pook. Doch es seien auch keine Einzelfälle mehr. Branchenkenner sprechen mittlerweile davon, dass angesichts ständig steigender Kraftstoffpreise manche Autofahrer immer "kreativer" werden, um kostenlos zu tanken.

Spritdiebstahl, ein zunehmender Trend

Und die Zahl der Kraftstoffdiebstähle nimmt zu. Obwohl es keine bundesweiten Zahlen gibt, sehen Ermittler seit 2004 einen deutlich zunehmenden Trend. Vorsichtige Schätzungen gehen von jährlich "vielen zehntausend Fällen" in Deutschland aus. Als regionale Brennpunkte werden den Angaben zufolge Tankstellen in Grenznähe und im Raum rund um Berlin angesehen.

So war in Brandenburg von 2001 und bis 2004 die Zahl der gemeldeten Tankbetrugs-Fälle noch von rund 6100 auf 3700 zurückgegangen. Seitdem steigt die Zahl wieder. 2005 waren es bereits wieder knapp 4100 Fälle, sagt LKA-Sprecherin Bärbel Cotte-Weiß. Das Bundesland ist offenbar das einzige, das diese Delikte extra erfasst.

Vier von zehn "Schwarztankern" werden erwischt

Die Täter können sich ihrer Sache nicht sicher sein. An fast allen Tankstellen überwachten mittlerweile Videokameras die Zapfsäulen, weiß Expertin Pook. "Die Bilder sind jedoch nicht immer von bester Qualität, sonst könnten wir noch viel mehr Täter erwischen", fügt LKA-Sprecherin Cotte-Weiß hinzu. In Brandenburg wurden im vergangenen Jahr in vier von zehn Fällen die Tankbetrüger ermittelt.

Zu einer gängigen Methode gehört Ermittlern zufolge, mit gestohlenen oder gefälschten Nummernschildern vorzufahren. "Die Täter wechseln beispielsweise kurz vor der Tankstelle an einem unbeobachteten Ort das Auto-Kennzeichen, und nach dem Volltanken verschwinden sie, um wenig später einen erneuten Tausch vorzunehmen", so die Erfahrungen der Fahnder.

Verbandschefin Pook geht davon aus, dass von den bundesweit rund 14.800 Tankstellen etwa 5000 besonders gefährdet sind. Wenn an diesen Orten durchschnittlich jährlich nur rund 40 "Schwarztanker" mit dem Gegenwert von etwa 40 Euro im Tank verschwinden, dann ergibt dies unterm Strich einen Millionenschaden, heißt in der Branche. Die Zapfsäulen an Autobahnen und an Bundesstraßen lockten dabei die Räuber besonders an, da der Fluchtweg günstig ist.

Während die Kriminalisten bei den Benzindieben von allein handelnden "hartnäckigen Profis oder Gelegenheitsdieben" ausgehen, vermuten sie hinter dem bundesweit zunehmenden Diesel-Klau organisierte Banden. "Sie saugen den Kraftstoff aus abgestellten Baufahrzeugen oder klauen, während Lastwagenfahrer Pause machen", erklären Ermittler.

Hinter den Dieben werden Verbandschefin Pook zufolge osteuropäische Gruppierungen vermutet, die den Diesel-Kraftstoff in Lagern zwischenbunkern. Zum Abnehmerkreis gehörten wahrscheinlich Fernfahrer aus diesen Ländern, denen der Sprit dann preisgünstiger angeboten werde. Und dieser Markt sei groß. (Von Wolfgang Schönwald, ddp)

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