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Berlin: Tanz der Wirtschaft

Den VBKI gibt es seit 1879, wichtig ist er immer noch: 1000 Gäste kommen heute zum Fest nach Grunewald.

Seit Wochen ist das Sommerfest der Wirtschaft des VBKI restlos ausverkauft. Am Samstagabend kommen 1000 Gäste im Schlosshotel im Grunewald zusammen, um den Saisonbeginn mit einem furiosen Auftakt zu feiern. Es hätten gern auch 300 mehr kommen wollen, aber der Platz reicht einfach nicht aus. Der Verein der Berliner Kaufleute und Industriellen spielt zunehmend eine ganz gewichtige Rolle im gesellschaftlichen Leben der Stadt, und das zeigt sich nicht nur beim Feiern und Netzwerken. „Über 2000 Lesepaten an Berliner Schulen und Kitas vermittelt“, meldete zum Schuljahrsbeginn das Bürgernetzwerk Bildung des Vereins, das von der früheren Schulsenatorin Sybille Volkholz geleitet wird. Erstmals gehen zum Beispiel in der Charlottenburger Lietzensee-Schule zehn Lesepaten an den Start.

Rektorin Gabriele Netzband sieht darin einen „Quantensprung in der Qualität unseres Angebots“. Lesepaten aus der Tagesspiegel-Redaktion engagieren sich schon länger an einer Kreuzberger Schule. Auch der RBB unterstützt das Projekt. Intendantin Dagmar Reim freut sich über das Engagement der Kollegen. Außerdem unterstützt der Verein Talente in weniger prominenten Sportarten, zum Beispiel Eisschnellläuferin Jenny Wolf.

Mit dem VBKI hat Berlin ein gesellschaftliches Zentrum gefunden, das der Stadt guttut. Die Stadt ist ja immer besser, als ihr Ruf bei den Einheimischen ist. In spätestens fünf Jahren soll die Mitgliedschaft für Unternehmer, die Berlin gestalten wollen, ein Muss sein. Das jedenfalls wünscht sich Präsident Markus Voigt und erinnert daran, dass es so vor 100 Jahren auch schon mal war. Aus seiner Sicht ist das Unternehmernetzwerk eine ideale Plattform für Mitglieder, die mit sozialem Engagement der Stadt etwas zurückgeben wollen. Allerdings bietet der Verein auch sonst ideale Netzwerkbedingungen. In dieser Hinsicht hat Markus Voigt die Arbeit seines Vorgängers Klaus von der Heyde konsequent fortgesetzt mit einem eigenen Akzent. Als bislang jüngster Präsident kümmert er sich verstärkt um die Start-up-Szene und pflegt mit besonderer Sorgfalt die Schnittstelle zwischen Old und New Economy. Auf dieser Szene ruhen große Hoffnungen und auch Erwartungen. Erst kürzlich versuchte der Unternehmer Klaus Herlitz bei einem anderen Fest Partner für eine Wette zu finden. Er ist fest davon überzeugt, dass in zehn Jahren ein heute noch unbekanntes Berliner Start-up zu den großen Dax-Unternehmen gehören wird. Freilich fand er niemanden, der dagegen wetten wollte. Unwahrscheinlich, dass ihm das ausgerechnet beim Sommerfest der Wirtschaft doch noch gelingt.

Rund 1500 Unternehmen sind unter dem Dach des VBKI versammelt und fühlen sich der Mission verpflichtet, das „Unternehmen Berlin“ weiter voranzubringen. So viele positive Impulse ziehen auch Politiker an. Als Redner steht beim Sommerfest neben Markus Voigt auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit auf der Liste, der sich bei Partys sonst sehr viel rarer macht, als sein Ruf es vermuten lässt. Mit dabei sein wollen aber auch Wirtschaftsminister Philipp Rösler, die Senatoren Cornelia Yzer, Dilek Kolat und Michael Müller, die Politikerinnen Monika Grütters und Renate Künast, Opernintendant Dietmar Schwarz, Filmproduzent Stefan Arndt, die Designerinnen Nanna Kuckuck und Anna von Griesheim sowie Operndiva Nadja Michael. Die C/O Berlin Foundation, der diesmal der Erlös der Tombola zugute kommt, beteiligt sich mit einer exklusiven Fotoausstellung. Gute Musik, exquisites Essen und Trinken und der konsequente Verzicht auf Gäste, die trotz eines vielleicht aus TV-Serien bekannten Namens zum Erfolg und zum Wohl der Stadt nicht viel beizutragen haben, machten bereits den „Ball der Wirtschaft“ zum Erfolg. Der ist neben dem Bundespresseball, der eine vergleichsweise homogene Klientel anzieht, längst der wichtigste Berliner Ball und auch für junge Nichttänzer ein beliebtes Ziel, um beim Flanieren neue Kontakte zu schaffen. Geschäftsführer Udo Marin sieht den Verein in vielerlei Hinsicht auch als Trendscout.

Zur Verjüngungskur des 1879 von jüdischen Kaufleuten mit gemeinnützigen Zielen gegründeten Vereins gehört heute natürlich eine engagierte Beteiligung an öffentlichen Debatten, wie zum Beispiel dem Thema Frauenförderung. Von zehn Präsidiumsmitgliedern sind erst zwei Frauen. Wenn es nach Markus Voigt geht, ändert sich das bei den nächsten Wahlen. Im Arbeitskreis „Wirtschaft und Ethik“ geht es darum, langfristig Vertrauen zu schaffen. Und beim Sommerfest wird es auch darum gehen, elegant und optimistisch ein positives Berliner Lebensgefühl zu zelebrieren. Elisabeth Binder

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