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Auszählen, die nächste. In vielen Bezirken wird nachgeprüft.

© dapd

Wahlbriefe im Müll: Tatverdächtige ermittelt

Eine 26-Jährige hat angegeben, die Kiste mit den Briefwahlunterlagen übersehen zu haben. Steglitz-Zehlendorf prüft am Freitag die Stimmzettel. Auch andere Bezirke mussten nachrechnen.

Von
  • Katrin Schulze
  • Fatina Keilani

Einen Tag, nach dem Wahlzettel im Hausmüll einer Lichterfelder Wohnanlage gefunden worden waren, hat die Polizei eine mögliche Tatverdächtige ermittelt. „Bei Vernehmungen hat die Frau angegeben, eine gelbe Postkiste mit den Unterlagen ihrem Auto transportiert zu haben“, sagte ein Sprecher der Polizei. Es handelt sich um eine 26-Jährige, die die Kiste mit den Briefwahlbögen nach eigenen Angaben in ihrem Kofferraum übersehen hatte. Wie die Kiste dann aber in den Müll gelangt ist, könne sie sich nicht erklären. Wegen ihres psychisch labilen Zustandes wurde die Frau in ein Krankenhaus gebracht. Gegen sie wird nun wegen des Verdachts der Wahlfälschung und der Urkundenunterdrückung ermittelt

Trotz der Panne gehen die 379 am Mittwoch von einem Anwohner gefundenen Briefwählerstimmen noch ins Wahlergebnis ein. Das bestätigte der Bezirksbürgermeister von Steglitz-Zehlendorf, Norbert Kopp (CDU). „Die Wahlbriefe sind am Samstag vor der Wahl eingegangen, kamen also pünktlich“, sagte Kopp. Die Auszählung ist öffentlich und findet am heutigen Freitag um 12 Uhr im Bürgersaal des Rathauses statt.

Laut Kopp wurden vom Bezirk extra für die Wahl Mitarbeiter mit Zeitverträgen für drei Monate beschäftigt. Die Mitarbeiter sollten die Wahlbriefe eigentlich nur vom Rathaus zum temporären Wahlamt in der Fischerhüttenstraße bringen; die Strecke ist rund 300 Meter lang. Gefunden wurden die Briefe dann allerdings fast sechs Kilometer weiter weg in Lichterfelde Ost. „Ich halte das aber für einen Einzelfall“, sagte Kopp. Auf das Ergebnis der Abgeordnetenhauswahl würden die 379 Stimmen sicher keinen Einfluss haben, und auch bei der Bezirksverordnetenversammlung sei dies unwahrscheinlich.

Auch in anderen Bezirken musste die Auszählung der Stimmen zum Teil wiederholt werden. Neben Lichtenberg ließen auch Reinickendorf und Marzahn-Hellersdorf Teile ihrer Stimmen erneut zählen. In Lichtenberg kündigte Bezirkswahlleiter Axel Hunger an, die Ergebnisse seiner Überprüfung dem Bezirkswahlausschuss zu übermitteln, der am Dienstag tagt. Es würden derzeit die Wahlergebnisse aller Lichtenberger Wahlkreise geprüft; richtig nachgezählt werde aber nur in den Wahlkreisen Lichtenberg 1 und 3, weil es dort sehr knapp war. Wie berichtet, hat dort wahrscheinlich die Linke das Direktmandat errungen, das zunächst bei der SPD gesehen worden war.

Die Ergebnisse der Linken waren offenbar versehentlich in der Zeile der Grünen eingetragen worden. Nach der Korrektur wurde klar, dass wohl nicht Karin Seidel-Kalmutzki (SPD), sondern Evrim Baba-Sommer (Linke) das Mandat erhält. Bei den anderen Lichtenberger Wahlkreisen werde anhand der Wahlprotokolle geprüft. Wenn die Angaben sich decken, müsse nicht genau nachgezählt werden, so Axel Hunger.Vollständig neu gezählt wurde im Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf 06. „Die Anzahl der Fehler war hoch und der Erstplatzierte hatte nur 17 Stimmen Vorsprung“, sagte Bezirkswahlleiter Adolf Herbst.

Insgesamt sind diesmal sogar mehr Wahlbriefe zurückgekommen als bei der vorigen Wahl, berichtete Geert Baasen, Leiter der Geschäftsstelle der Landeswahlleiterin. „Es wurden 443.741 Wahlscheine für die Briefwahl angefordert, und über 90 Prozent sind zurückgekommen“, sagte Baasen – nämlich 410.722; hinzu kämen noch jene, die letztlich doch im Wahllokal abgegeben worden seien. Ein größeres Problem mit verloren gegangenen Stimmen könne es also nicht geben. An einen Fall wie den in Steglitz-Zehlendorf könne er sich zudem nicht erinnern.

Dass es in Reinickendorf und Marzahn auch nötig wurde, nochmals die Ergebnisse zu überprüfen, hält Baasen für einen ganz normalen Vorgang. „17.000 Wahlhelfer haben den ganzen Tag gearbeitet und müssen abends noch rechnen“, sagt Baasen. „Da passieren auch mal Fehler, aber die sind selten und werden dann auch gefunden.“ Wenn alle Bezirkswahlausschüsse getagt und ihre Ergebnisse dem Landeswahlausschuss weitergegeben haben, wird man es genau wissen. Am 6. Oktober verkündet der Landeswahlausschuss das amtliche Endergebnis.

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