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Berlin: Tempelhof im Bundestag

Parteiübergreifender Antrag, den Flughafen offen zu halten, kommt jetzt in die Ausschüsse

„Alles spricht dafür, dass der Flughafen Tempelhof offen bleibt, bis der Großflughafen Schönefeld (BBI) in Betrieb genommen wird“, sagte gestern der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Peter Rzepka. Er freute sich um so mehr, weil dieser Termin angesichts von fast 4000 Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss für BBI gefährdet ist. Der von Rzepka erarbeitete fraktionsübergreifende Antrag zur weiteren Öffnung Tempelhofs – von mehr als 100 Parlamentariern unterstützt – sollte gestern Abend vom Plenum zur weiteren Beratung an die Ausschüsse für Verkehr und Bauen sowie Verteidigung überwiesen werden.

Denn neben dem weiteren Betrieb Tempelhofs bis zur rechtskräftigen Planfeststellung in Schönefeld sollen die Parlamentarier noch andere Punkte prüfen: Kann Tempelhof als „Check-in-Terminal“ für Berlin-Brandenburg-International genutzt und als innerstädtischer Flughafen für kleine Maschinen erhalten werden? Können Bundesbehörden in Teile des Flughafengebäudes einziehen oder lässt sich auch die Flugbereitschaft der Bundeswehr nach Tempelhof „als regierungsnahem Standort“ verlagern?

Der Flugbetrieb in Tempelhof müsse so schnell wie möglich eingestellt werden, forderte dagegen die Berliner Bundestagsabgeordnete Franziska Eichstädt- Bohlig (Grüne). „Der neue Flughafen braucht jeden Cent!“ Für den Ausbau Schönefelds müsse jetzt schnell ein stringenter Finanzierungs- und Zeitplan vorgelegt werden. Tempelhof brauche ein Nutzungskonzept, „damit künftig nicht weitere Steuermittel in Millionenhöhe für den Gebäudekomplex anfallen“. Den Gruppenantrag bezeichnete sie als „dünnen Strohhalm, nicht richtig legitimiert“. Für die Flughafenplanung seien die Länder zuständig, der Bund habe nur die allgemeine Überwachungsfunktion.

Im fraktionsübergreifenden Antrag wird auch argumentiert, dass 76 Prozent der Berliner einen innerstädtischen Flughafen wollten und dass eine vorzeitige Schließung Tempelhofs die wirtschaftliche, politische und kulturelle Entwicklung Berlins gefährden und den Bund zusätzlich finanziell belasten würde. Der Vorschlag für einen „Check-in-Flughafens“ mit eigener unterirdischer Bahn-Verbindung nach Schönefeld geht auf ein Konzept des Stuttgarter Architekten Hans-Georg Brunnert zurück.

„Das ist Spinnerei und Utopie, das packen wir in die Schublade“, hatte sich die Neuköllner stellvertretende Bezirksbürgermeisterin und Baustadträtin Stefanie Vogelsang (CDU) gedacht, als sie erstmals von den Plänen hörte. Inzwischen spricht sie von einer „faszinierenden Vision“. Die Stadträtin hatte am Mittwochabend Brunnert und einen kleinen Kreis von 30 Bezirksverordneten, Abgeordneten und Verbandsvertretern in die Galerie des Saalbaus Neukölln eingeladen. Brunnert hob die mit rund 17 Kilometern „räumliche Nähe“ zwischen Tempelhof und Schönefeld hervor, beide könnten mit einer „Nabelschnur“ zur Einheit werden. „Wir wollen Schönefeld nicht torpedieren, sondern ergänzen.“ Nach Brunnerts Rechnung kostet ein Kilometer U-Bahn-Tunnel 21 Millionen Euro, andererseits sagen Experten,der Preis liege bei mindestens 60 Millionen Euro. Die Stadtentwicklungsbehörde bezweifelt jedenfalls die Kalkulation, will das Brunnert-Konzept aber prüfen.

Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD), die zuvor einen öffentlichen Architektenwettbewerb für Schönefeld gefordert hatte, ließ inzwischen mitteilen, sie habe „unscharf“ formuliert. Sie wolle allerdings hochwertige Architektur gewährleistet sehen.

Und noch eine Nachricht aus Tempelhof wird Antragsteller Rzepka gefreut haben: Nach Cirrus Airlines und EAE machten gestern SN Brussels Airlines ihren Umzug nach Tegel offiziell rückgängig – und richten sich erst einmal in Tempelhof ein.

Christian van Lessen

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