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Tempelhof: Zwei Herren, zwei Wege

Der Berliner CDU steht ein Richtungsstreit bevor.

So verschieden sind die beiden. Manche wundern sich, dass sie schon so lange miteinander auskommen. Die Tempelhof- Kampagne hat sie beieinander gehalten. Im Kampf um die Offenhaltung des Flughafens saßen CDU-Landeschef Ingo Schmitt und Fraktionschef Friedbert Pflüger in derselben Maschine. Jetzt, nach der harten Landung, ist es mit den Gemeinsamkeiten vorbei. Schmitt erklärte am Tag nach dem Volksentscheid, man müsse das Ergebnis akzeptieren. Pflüger äußerte sich ebenso – nachdem er noch am Abend des Volksentscheids gesagt hatte, der Kampf gehe weiter.

Die Union wird unruhig. Das ist normal in Zeiten, in denen Kandidaten für eine Wahl nominiert werden. Es geht um die Europa- und die Bundestagswahl 2009 und um das Personal, das die Partei im Herbst bestimmt haben will. Dahinter steht eine andere Frage – die nach der Macht. Es geht um den Anspruch Ingo Schmitts, der wahre CDU-Personalchef zu sein. Und um den Anspruch Friedbert Pflügers, mehr zu werden als ein Fraktionschef, der die CDU mit Ernst, Stil und Freude an der niveauvollen Redeschlacht repräsentiert. Nicht wenige warten darauf, dass Pflüger Schmitt den Landesvorsitz streitig macht.

Personen sind Images sind Inhalte. Schmitt und Pflüger stehen für zwei Richtungen. Schmitt repräsentiert die CDU, die bis zum Bankenskandal erfolgreich war – Eberhard Diepgens Union. Der Spruch, die CDU könne nur regieren, sie sei viel weniger als die SPD eine Diskussions- und Streitpartei und tue sich deshalb so schwer mit Opposition, könnte von Schmitt sein – wenn er eine politphilosophische Ader hätte. Doch Schmitt weiß gut, was er nicht kann, und noch besser, was er kann. Als Jurist ist er Systematiker, als Ex-Staatssekretär der Verkehrsverwaltung und dann als EU-Abgeordneter mit Schwerpunkt Luftverkehr kam er zurecht. Als Landeschef hält er sich inhaltlich zurück. „Fragen an Wowereit“ hat er nun veröffentlicht. Auf der CDU-Internetseite wirbt er für das Rauchen in den Eckkneipen. Person, Image, Inhalt passen zueinander, Schmitt raucht, und er gehört zu den Politikern, die keine Berührungsängste im Umgang mit kleinen Leute in Eckkneipen haben. Das kann er.

Systematisch hat Schmitt auch seine Position in der Partei auf- und ausgebaut. Der Landeschef ist auch Kreischef von Charlottenburg-Wilmersdorf. Das ist der stärkste Berliner Verband – mit der Südwest-CDU. Charlottenburg-Wilmersdorf ist ein Hort der West-Berliner Bürgerlichkeit: ein wenig modern, ordentlich, nicht arm, selten reich, Frontstadt-erfahren, Ku’damm-orientiert: Schmitts Basis. Früher waren hier auch Monika Grütters und Peter Kurth politisch zuhause. Die beiden Zuwanderer, besonders liberal, kulturinteressiert und nicht so schneidig wie mancher alte West-Berliner, sind längst weg – nicht zuletzt wegen Schmitt.

Dessen Verbindungen in die Partei hinein sind bewunderungswürdig, sie erinnern an Zeiten und Länder, in denen Machtpolitik einen familiären Unterbau hatte. Man könnte sagen: Schmitt ist der Berliner CDU auf allen Ebenen verbunden. Seine Lebensgefährtin Stefanie Bung gehört als Abgeordnete zu Pflügers Fraktion und vertritt Schmitt als Vize-Kreischefin. Zu Schmitts politischen Freunden gehört Uwe Goetze, Pflügers parlamentarischer Geschäftsführer im Abgeordnetenhaus und Schatzmeister der City- CDU. Auch der Abgeordnete Andreas Statzkowski hat in der City-CDU ein wichtiges Amt inne. Schmitts Bruder Bodo führt die CDU-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung von Charlottenburg-Wilmersdorf. Außerdem arbeitet er Schmitts politischem Freund Kai Wegner in dessen Bundestagsbüro zu. Wegner führt die Spandauer CDU. Die hat so viele Mitglieder, dass gegen Schmitt und Wegner wenig geht. Zumal die Chefs der Südwest-CDU, der Reinickendorfer CDU und von Mitte, Michael Braun, Frank Steffel und Frank Henkel, mit dem System der Fürsten gut leben.

Das alles muss nichts heißen. Inhaltlich bedeutet es nicht viel. Für die Inhalte ist vor allem Pflüger zuständig – so lange sie ihn lassen. Pflügers Basis ist sein Amt – und die Erfahrung seiner Parteifreunde, dass Spitzenkandidaten schwer zu finden sind. Pflüger hat, da war er als Spitzendkandidat gegen Klaus Wowereit kaum angekommen, deutlich gemacht, was er will: eine moderne Ausländer- und Integrationspolitik. Die Wiederentdeckung von grünen Bezügen und Ideen. Die Verbindung von Ökologie und Wirtschaft. Die CDU als familien- weil frauenfreundliche Partei. So hat er „Jamaika“, die schwarz- gelb-grüne Koalition, aus dem Reich der Fantasien der Gegenwart näher gebracht.

Doch wer mit Schmitt über die Lage der spricht, der hört den Satz, 2009 werde „ein schweres Jahr“. Zwei Wahlen – das sind zwei Ergebnisse, die sagen, wie die Wähler die CDU finden. Gemeint ist: wie viele Berliner gut finden, was Pflüger hier tut.

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