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Tempelhofer Park: Kleingärtner fordern Platz in Tempelhof

Stadtentwicklungssenatorin Junge-Reyer reagiert positiv auf den Wunsch, auf dem Flughafengelände Ersatzflächen für vertriebene Laubenpieper zu schaffen. Dazu könnten auch jene gehören, die wegen der A100 ihre Parzellen abgeben müssen.

Berlins Kleingartenverband fordert Ersatzflächen auf dem Areal des ehemaligen Flughafens Tempelhof. Auch auf dem Flughafen Tegel sollen Parzellen bereitgestellt werden, wenn dieser 2012 geschlossen wird. Auf beiden Flughäfen sollen es neue Grundstücke für jene Pächter geben, deren Laubenkolonien der Stadtplanung weichen müssen. Bei Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) stießen die Begehrlichkeiten auf offene Ohren. Dies sei für sie zwar eine völlig neue Forderung, sagte die Senatorin. Doch schließe der nach der Schließung Tegels bisher geplante Grünbereich im Nordwestteil des Airports Laubengrundstücke nicht aus. In Tempelhof solle die Internationale Gartenausstellung 2017 ohnehin auch aufzeigen, wie eine zukünftige Kleingartenanlage aussehen könnte.

Am Sonnabend würdigen die Kleingärtnerverbände Berlin und Brandenburg die Senatorin für ihre Verdienste um die Erhaltung der Hauptstadt-Schrebergärten mit der Verleihung der Wilhelm-Naulin-Plakette. Die Laubenpieper wollen die Sozialdemokratin auch für die Zukunft in die Pflicht nehmen.

934 Laubenkolonien mit fast 75 000 Kleingärten gibt es in Berlin. 2500 der insgesamt 3000 Hektar Kleingartenfläche sind dauerhaft gesichert. Seit kurzem schreibt der Senat den Pächtern nicht einmal mehr vor, wie viele Kinderspielgeräte sie in ihrem Garten installieren dürfen. Auch das Aufstellen von Planschbecken ist nicht länger verboten.

Anders sieht es bei den übrigen Parzellen aus. Für einen Teil endet die Schonfrist bereits in diesem Jahr, für die meisten anderen 2014 oder spätestens 2020. Noch unsicherer leben die Laubenpieper, deren Kolonien dem Bund, der Bahn oder Privateigentümern gehören. Doch gerade jetzt wächst die Nachfrage vor allem bei jungen Familien, werden die Kolonien immer mehr zum Ort der Integration der Generationen, so Peter Ehrenberg, Präsident des Landesverbandes der Gartenfreunde. Bis zu fünf Jahre müssen Bewerber im Innenstadtbereich auf eine freie Parzelle warten.

„Wir erwarten für die Zukunft, dass sich die Kleingartenfläche in Berlin nicht weiter verringert“, sagte der Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung, Edgar Thomas, gestern. In Einzelfällen, wo sich ein Abriss aus stadtplanerischen Gründen nicht verhindern lasse, müsse ein Ausgleich geschaffen werden. Ersatzflächen müssten für die Betroffenen „fußläufig“ erreichbar sein, forderte Peter Ehrenberg. Die Senatorin würdigte die soziale Komponente der Laubenkolonien, wo „Nachbarschaft vorbildlich und wirklich gelebt wird“. Dennoch gab es von der Politikerin gestern zu den Forderungen der Kleingärtner wenig Konkretes. Mit der Sicherung von 235 Hektar bis 2020 habe man immerhin die Weichen gestellt für die in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts einsetzende Diskussion über deren weiteren Erhalt, so Junge-Reyer. Möglichkeiten zum Ankauf gefährdeter Parzellen aus Fremdbesitz oder von Flächen zur Anlage neuer Kolonien sieht sie nicht. Man könne nur versuchen, im Gespräch auf die Grundstücksbesitzer einzuwirken. Die Sicherung von Standorten durch entsprechende Bebauungspläne sei Sache der Bezirke.

Von den 315 Betroffenen, deren Parzellen der umstrittenen Verlängerung der A100 weichen sollen, haben inzwischen fast 300 die Räumungsvereinbarung unterzeichnet, sagte die Senatorin. Hinsichtlich akut gefährdeter Standorte kleinerer Anlagen wie der Neuköllner Kolonie „Hand in Hand“, die dem Rütli-Campus im Wege steht, warteten die Verbandsvertreter gestern vergeblich auf einen Hoffnungsschimmer. Sie könne sich nicht über rechtskräftige Beschlüsse von Senat und Abgeordnetenhaus hinwegsetzen, sagte Junge-Reyer zur Diskussion um die Wilmersdorfer Kolonie Durlach. Auch sie soll nach der in diesem Jahr endenden Schutzfrist einem Bauprojekt weichen. Aber es gebe ja einen „interessanten Diskussionsprozess“ zwischen den Betroffenen und Vertretern des Abgeordnetenhauses, so die Senatorin.

Nachdem die Kolonie Württemberg bereits abgerissen werden musste und die Kolonie Paulsborn-Kudowa ab 2014 ebenfalls akut gefährdet ist, haben die Wilmersdorfer Laubenpieper die Nase voll. Sie werden am Sonnabend gegen die Ehrung der Senatorin, die beim Kinder- und Sommerfest in der als beispielhaft geltenden Dauerkolonie Am Buschkrug (Buschkrugallee) erfolgt, demonstrieren. „Für uns ist nicht verständlich, dass jemand für noch nicht geleistete Arbeit ausgezeichnet wird“, so die Bezirksvorsitzende Inge Titel.

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