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Berlin: Tempodrom: Frühere CDU-Senatoren in Bedrängnis

Staatsanwalt erwägt, Verfahren auf Kurth und Branoner auszuweiten. Strieder und Sarrazin kündigen erstmals Erklärung an

Die Staatsanwaltschaft erwägt, die Untreue-Ermittlungen in der Tempodrom- Affäre auch auf die früheren CDU-Senatoren Peter Kurth (Finanzen) und Wolfgang Branoner (Wirtschaft) auszuweiten. „Der Kreis der Beschuldigten ist noch nicht geschlossen“, sagte Justizsprecher Frank Thiel dem Tagesspiegel am Freitag.

Zwar seien Kurth und Branoner bislang nicht direkt beschuldigt, den Landeshaushalt geschädigt zu haben. Aber da seit dieser Woche gegen die früheren Staatssekretäre der beiden Ex-Senatoren ermittelt wird, hat die Staatsanwaltschaft auch deren einstige Dienstherren im Blick: Die Staatssekretäre Volker Liepelt und Hugo Holzinger hätten die heute umstrittene Zehn-Millionen-Euro-Bürgschaft für den Veranstaltungsbau am Anhalter Bahnhof „natürlich als Vertreter ihrer Senatoren“ unterzeichnet, so Thiel.

Vor allem die in der Tempodrom-Affäre viel gescholtene SPD begrüßt die Überlegungen der Staatsanwaltschaft. „Kurth und Branoner waren politisch für die Bürgschaft verantwortlich, die der Ausgang der später so umstrittenen Millionenhilfen durch den Senat war“, sagt die Abgeordnete Dilek Kolat, die für die Sozialdemokraten im Tempodrom-Untersuchungsausschuss sitzt. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Finanzsenator nicht über eine Bürgschaft in dieser Höhe informiert war.“ Kolat ist überzeugt, dass die seit Monaten laufenden Ermittlungen gegen ihre Parteifreunde – Finanzsenator Thilo Sarrazin, Ex-Senator Peter Strieder und Staatssekretär Volkmar Strauch – „erst der Anfang“ sind.

Kurth, der heute im Vorstand des Dienstleistungsunternehmens Alba sitzt, lehnte einen Kommentar wegen des laufenden Verfahrens ab. Branoner, inzwischen Manager bei Microsoft, war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Sarrazin und Strieder kündigten am Freitag an, zum Monatsende mit einer öffentlichen Stellungnahme auf die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zu reagieren. „Wir werden damit allen bislang erhobenen Vorwürfen entgegentreten und zeigen, dass sie sachlich und juristisch unhaltbar sind“, sagte Strieders Rechtsanwalt Alexander Ignor dem Tagesspiegel.

Das gelte besonders für den Untreue-Vorwurf gegen Strieder und Sarrazin. Dieser war kürzlich von der Staatsanwaltschaft bekräftigt worden. Dem Land Berlin sei durch eine von den beiden Senatoren zu verantwortende Millionenspritze für das finanziell angeschlagene Tempodrom ein Vermögensschaden entstanden, heißt es nach Informationen des Tagesspiegels in einem Zwischenbericht der Ermittler. Strieders Anwalt Ignor hält die Argumentation der Staatsanwaltschaft jedoch für „rechtlich unhaltbar“. Auch SPD-Parlamentarierin Dilek Kolat betont, dass die Staatsanwaltschaft Strieder, Sarrazin und Strauch bis zum 25. Juli Gelegenheit gegeben habe, sich zu äußern. Erst dann stehe fest, ob in der Affäre tatsächlich Anklage erhoben wird.

Kritik an der Ermittlungsbehörde äußerte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC. Am Mittwoch waren die Ermittlungen wegen eines positiven Tempodrom-Gutachtens gegen zwei PWC-Mitarbeiter ausgeweitet worden. Den Vorwurf der Staatsanwaltschaft, die Expertise aus dem Jahr 2000 sei ein Gefälligkeitsgutachten gewesen, wies PWC am Freitag als „fahrlässig“ zurück.

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