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Berlin: Tempodrom: Grüne fühlen sich von Strieder getäuscht

Ex-Justizsenator Wieland wirft dem Stadtentwicklungssenator vor, bei Pachtverträgen für Kulturbau dem Senat die Unwahrheit gesagt zu haben

Von Matthias Oloew, Dagmar

Rosenfeld und Lars von Törne

Die Berliner Grünen haben in der Tempodrom-Affäre schwere Vorwürfe gegen Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) erhoben. Strieder soll, so sagt der frühere Justizsenator Wolfgang Wieland, im Oktober 2001 dem damaligen rot-grünen Senat falsche Informationen über das Tempodrom und über für das Land nachteilige Pachtverträge gegeben haben. Auf Grundlage dieser Informationen bewilligte der Senat dem Tempodrom ein Hilfspaket von damals 13,5 Millionen Mark. „Herr Strieder hat damals objektiv die Unwahrheit gesagt“, sagte Wieland am Mittwoch. Sein Parteifreund Oliver Schruoffeneger ging noch einen Schritt weiter: „Strieder hat seine Senatskollegen getäuscht und ist für die SPD nicht mehr tragbar“, sagte der grüne Haushaltspolitiker dem Tagesspiegel. Strieder wies die Vorwürfe zurück.

Unter den Senatoren war die Hilfsaktion für den Bau am Anhalter Bahnhof damals umstritten gewesen. Den in einem Senatsbeschluss festgehaltenen Zweifeln begegnete Strieder unter anderem mit der Versicherung, die Pachtverträge für das Tempodrom so zu ändern, dass das finanzielle Risiko für die Stiftung minimiert wird. Die Stiftung „Neues Tempodrom“ sollte den Veranstaltungsbau betreiben und war damals als Reaktion auf die ausufernden Baukosten des Hauses von Land und Landesbank übernommen worden. Die Grünen werfen Strieder jetzt vor, die für das Land Berlin ungünstigen Verträge mit den Pächtern – darunter Tempodrom-Gründerin Irene Moessinger – gar nicht mehr geändert zu haben, nachdem ihn der Senat dazu beauftragt hatte. „Strieder hat uns objektiv falschen Vollzug gemeldet“, sagt Wieland.

Strieder hingegen erklärte am Mittwoch, die Pachtverträge seien von einem Rechtsanwaltsbüro im Auftrag des Senats analysiert worden. „Diese Pachtverträge sind in intensiven Verhandlungen des Rechtsanwaltsbüros unter Beteiligung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mit den Pächtern grundlegend überarbeitet worden.“ Strieder bestätigte, dass die neuen Pachtverträge am 1. Oktober 2001 abgeschlossen wurden.

Genau das ist der Vorwurf der Grünen. Denn Strieder war erst in der Senatssitzung vom 2. Oktober 2001 aufgefordert worden, die Verträge zu ändern – also einen Tag, nachdem sie unterzeichnet worden waren. Der Senat wollte mit der Forderung nach neuen Verträgen sicherstellen, so Wieland, „dass die Pachteinnahmen ausreichen, um alle laufenden Kosten für das Haus zu bezahlen“.

Sechs Tage später verkündet der Senator in einer Vorlage, die Verträge seien überarbeitet worden – nennt aber in dem Papier kein Datum. Er teilt den Senatoren lediglich mit, es gebe nun „eine tragfähige juristische und wirtschaftliche Grundlage“. Wegen dieser Versicherung stimmten die grünen Senatoren am 9. Oktober 2001 der Millionenhilfe für den Tempodrombau zu, sagt Wieland. „Wäre uns bekannt gewesen, dass die Verträge schon am 1. Oktober unterzeichnet worden waren, hätten wir nicht zugestimmt.“

Bestätigt sieht sich Wieland durch einen Bericht des Landesrechnungshofes vom Dezember 2002. Der kommt zu dem Ergebnis, dass die Verträge immer noch nachteilig für das Land waren. Zudem stellt er fest, dass eine Nachbesserung nicht einfach gewesen wäre: „Da die Pachtverträge (...) seit dem 1.Oktober unterzeichnet sind, ist eine Änderung zugunsten der Stiftung derzeit nur mit Zustimmung der jeweiligen Pächter möglich.“ Jetzt wollen die Grünen auch diesen Vorgang im Untersuchungsausschuss klären. Der soll heute vom Abgeordnetenhaus verabschiedet werden.

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