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Berlin: Thekentanz: Mudd Club, Große Hamburger Straße 17, Mitte

Der Mudd Club ist ein ein feuchtes Kellerloch, das irgendwie an einen Heidelberger Studenten-Keller erinnert. Innendrin komplett verklinkert, mit niedrigem Gewölbe und nicht rutschiger Tanzfläche - ein ungewöhnliches Outfit für einen Mitte-Club, so fremd rustikal wie die inzwischen geschlossene "Aschinger"-Filiale am Hackeschen Markt, dass man sich am liebsten gleich ein übertellergroßes Schnitzel mit Rotkohl und Knödeln auf die Biertische bestellen will.

Der Mudd Club ist ein ein feuchtes Kellerloch, das irgendwie an einen Heidelberger Studenten-Keller erinnert. Innendrin komplett verklinkert, mit niedrigem Gewölbe und nicht rutschiger Tanzfläche - ein ungewöhnliches Outfit für einen Mitte-Club, so fremd rustikal wie die inzwischen geschlossene "Aschinger"-Filiale am Hackeschen Markt, dass man sich am liebsten gleich ein übertellergroßes Schnitzel mit Rotkohl und Knödeln auf die Biertische bestellen will. Paniertes wird im Mudd Club allerdings nicht verkauft, dafür kosten Bier und Eintritt donnerstags nur fünf Mark. Und es gibt eine Sixties-Kapelle, die herzzerreissend spielt - einfach in der Mitte des Clubs, ohne Bühne, ohne große Ankündigung, aber mit viel Talent. Die Band hat noch nicht mal einen Namen und legt offenbar keinen gesteigerten Wert auf eine große Show: Der Sänger, gesegnet mit einer rauchigen Stimme, trägt einen Studenten-Keller-Wollpullover, der Organist, so behauptet jedenfalls die musikalisch vorgebildete Begleitung, liegt konsequent einen Halbton daneben. Aber das ist egal, weil den Namenlosen vermutlich der Schweiß der ehrlich Arbeitenden unter den Achseln steht. Soviel Authentizität ist cool.

Doch der Sänger will einfach den Wollpulli nicht ausziehen. Er würde so gut aussehen ohne den Wollpulli, man könnte seinen knallharten Bauch sehen und seine Halsschlagader beim An- und Abschwellen beobachten, aber darauf kommt es im Mudd Club an diesem Donnerstag nicht an. Auch das Publikum, das sich an den langen Biertischen verteilt, besteht durch die Bank nicht aus den typischen Mitte-Gestalten und lässt sich nicht zum Tanzen verleiten. Ausnahme: ein Mädchen im Kleinen Schwarzen, dessen in Netzstrumpfhosen steckenden Beine den Twist tanzen. Der Mudd-Club ist ein Ort, an dem nicht viel passiert. Der Mudd-Club ist ein klarer Fall für Tischtelefone. So. Und jetzt, zwischen Maschenmode und Schnitzelfantasien, denken wir mal kurz daran, was der Mudd Club früher in New York war. Nämlich so etwas wie der Dschungel in Berlin. Alle kamen, aber irgendwann war es vorbei. Steve Mass heißt der Gründer der beiden Clubs, der neulich wegen einer Herzensangelegenheit in die deutsche Hauptstadt gekommen ist. Und er hat somit neuen Raum geschaffen für unbekannte Rocker in Wollpullis.

Esther Kogelboom

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