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Berlin: Thekentanz: Razzle Dazzle in Friedrichshain

Was bedeutet eigentlich Razzle Dazzle? Durcheinander, Schwindel, Tamtam oder Sauftour?

Was bedeutet eigentlich Razzle Dazzle? Durcheinander, Schwindel, Tamtam oder Sauftour? Razzle Dazzle kann alles heißen, behauptet jedenfalls Langenscheidts Taschenwörterbuch Englisch-Deutsch. Die Frage ist bloß: Was ist Tamtam? Kommt das von Plemplem, King Kong, Tse Tung? Sauftour ist vermutlich die einzig gültige Entsprechung. Aber herumziehen und gelangweilt hier und da Bier trinken ist streng genommen überflüssig, seit es das Razzle Dazzle gibt. Man sollte nämlich besser da bleiben, wenn man hingefunden hat. Nur so viel: Keine schicken Schuhe anziehen! Der Weg zum Razzle Dazzle ist stockdunkel, gesäumt von knietiefen, öligen Pfützen.

Läden wie das Razzle Dazzle gibt es nicht so oft, wenn man mal von dem viel kleineren Wild at Heart in der Wiener Straße absieht. Solche Läden sind gerade total unmodern, aber gerade deswegen so schön entspannend. Das Razzle Dazzle ist so groß, dass dort zehn Motorräder reinpassen, eine große Bühne, eine lange Bar und ganz viele Rocker. Prototyp der Kundschaft ist ganz sicher der Barmann - eine Figur wie aus der "Duff"-Kneipe in Springfield während der Prohibition: Lederhose, gelbes T-Shirt, schwarzpomadiertes Haar. Das hat Sex, wie er vor der schwarz-weiß gekachelten Wand steht und Bier verkauft. Wie in einer amerikanischen Provinz-Kaschemme, nur der Fernseher über der Bar fehlt.

Mein charmanter Begleiter deutet nach der ersten Flasche an, er fühle sich zu alt für ein Hardcore-Konzert. Dabei sind die Bands wirklich gut. Und das Beste ist der Kicker, der im vorderen Bereich des Clubs unter einem weißen Lichtstrahl steht. Soll man in einem Rocker-Laden kickern? Mein Begleiter meint: ja. Wir verspielen unser ganzes Taschengeld. Wir sind schlecht. Wir haben Schiss, dass ein Rocker kommt und uns herausfordert. Aber die sind alle vorne, um den Leadsänger der Hardcore-Band aufzuschnappen, der sich von der Bühne stürzt. Dann kratzen wir unser letztes Geld zusammen und kaufen noch zwei Bier. Im Männer-Klo ist Hochwasser, erzählt mein charmanter Begleiter angewidert. Dann fällt er vom Tisch.

Esther Kogelboom

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