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Auf einer Reise nach Polen, wurden vor allem Mädchen mit Kopftuch angefeindet.

© dpa

Theodor-Heuss-Schule in Moabit: Berliner Schüler in Polen rassistisch beleidigt

Bespuckt, rausgeworfen, angefeindet: Junge Muslime wurden auf einer Polen-Reise offenbar rassistisch attackiert.

Auf einer Reise nach Polen sind muslimische Schülerinnen und Schüler der Berliner Theodor-Heuss-Schule in der vergangenen Woche offenbar mehrfach rassistisch beleidigt worden. Insgesamt 20 Jugendliche der zehnten bis zwölften Klasse reisten eine Woche in verschiedene polnische Städte, um mehr über die Geschichte osteuropäischer Juden zu erfahren. Der Ausflug fand im Rahmen der „AG Erinnern“ statt. Die Initiative war von der Lehrerin Sabeth Schmidthals an der Moabiter Gesamtschule organisiert worden, um Vorurteile gegen Juden bei den vorwiegend muslimischen Schülern auszuräumen.

Die Gruppe machte Station in Warschau, Lodz, Lublin und Krakau. In fast allen Städten habe es Anfeindungen gegeben, erzählt Schmidthals, vor allem gegen die Mädchen, die Kopftuch trugen. Einer Schülerin sei Wasser ins Gesicht gekippt worden, eine andere wurde demnach bespuckt. Die Polizei habe Hilfe verweigert, sagte die Lehrerin. Auch nachdem polnische Passanten den Schülern beisprangen und übersetzten, hätten die Beamten nach Schmidthals' Schilderung nicht eingegriffen. In Geschäften seien die Mädchen teils nicht bedient worden – man verkaufe nur an Polen, hieß es. Ein Mädchen sei aufgefordert worden, einen Laden zu verlassen, als sie auf Persisch telefonierte. Andere Kunden hätten sich davon gestört gefühlt, hieß es zur Begründung. In Lublin wurde der Gruppe mit Verweis auf „Sicherheitsbedenken“ der Zutritt zu einer Synagoge verwehrt.

Überlegung, Reise abzubrechen

Lehrerin Schmidhals sagte, sie habe überlegt, die Reise abzubrechen. Die Schüler wollten jedoch bleiben. „Sie haben toll reagiert und zusammengehalten“, sagte Schmidthals. Neben den Anfeindungen habe man dann auch viel Unterstützung erfahren: von den Reiseveranstaltern oder Passanten, die die Anfeindungen beobachtet hatten. Auch polnische Medien berichteten über die Vorfälle, am Montag kam das polnische Fernsehen in die Schule in Moabit, um mit den Jugendlichen zu sprechen.

Außerdem erhalte die Schule zurzeit viele Mails, in denen deutsch-polnische Organisationen ihre Solidarität mit den muslimischen Schülern bekunden, heißt es aus der Senatsbildungsverwaltung. Senatorin Sandra Scheeres (SPD) nennt die Vorfälle in Polen „inakzeptabel“.

Die Reise war die dritte der „AG Erinnern“. Vor zwei Jahren reiste Sabeth Schmidthals mit Schülern nach Israel, vergangenes Jahr nach Frankreich und Spanien. In Polen besuchten die Schüler auch das Konzentrationslager Majdanek und das Vernichtungslager Treblinka. Auch bei der Gestaltung des Gedenkortes Güterbahnhof Moabit beteiligten sich die Jugendlichen.

Ausgangspunkt der Aufklärungsreisen war die Klassenlektüre des Buchs „Ich trug den gelben Stern“ von Inge Deutschkron vor zwei Jahren. „Dabei fiel mir auf, wie groß die Vorurteile gegen Juden und auch gegen Israel sind“, sagt Schmidthals. Von der Polenreise sind die Schüler am Sonntag zurückgekehrt. In den Klassen ist bereits über die Erfahrungen diskutiert worden; zudem solle es auch noch einmal ein Treffen der Gruppe geben, um die Geschehnisse aufzuarbeiten.

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