zum Hauptinhalt
Und jetzt alle nach links! Das Einheitsdenkmal sollte sich neigen, wenn sich genügend Menschen auf einer Seite versammeln.

© dpa

Streit um Denkmal in Berlin-Mitte: Thierse und Nooke stellen Aus für Einheitsdenkmal infrage

Wolfgang Thierse und Günter Nooke fordern eine Bundestagsdebatte über das Aus für das Einheitsdenkmal am Schloss. Eine "unheilige Allianz von Kleingeistern" vermutet Nooke am Werk.

Der eine hatte mit Verve ein Denkmal zur Erinnerung an „Selbstbefreiung“ und „Freiheitsrevolution“, also jene „positiven Seiten der deutschen Geschichte“ gefordert, Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD). Der andere, Günter Nooke (CDU), hatte für den Bundestag in der Jury zum zweiten Wettbewerb für das Freiheits- und Einheitsdenkmal gesessen und sich persönlich für den Entwurf des Architekt Johannes Milla stark gemacht, dessen „kinetische Skulptur“ schließlich obsiegte, landläufig auch Einheitswippe genannt.

Die Wippe kippte – der Haushaltsausschuss zog die Notbremse, nachdem eine Kostenexplosion drohte. Eine breite Mehrheit der Finanzexperten trugen diesen Beschluss. Für Thierse ist er indes nichts weiteres als ein „handstreichartige Beerdigung einer großen, vielleicht romantischen, aber auch vernünftigen Idee“ durch „zwei Hamburger Haushälter“. Zusammen mit Nooke will er deshalb die Debatte neu entfachen, dieses Mal im Bundestag, der den Bau des Denkmals beschlossen hatte und im Kulturausschuss, der doch eigentlich zuständig sei.

Eine „unheilige Allianz von Kleingeistern“ vermutet Nooke am Werk, und die Kosten des Denkmals seien nur „vorgeschoben“. Was sei schon der geringfügige Anstieg des Baupreises „im Vergleich zu anderen Projekten“. Nooke nennt das Desaster um die Staatsoper-Sanierung und die „teuerste Garderobe der Baugeschichte“ im Empfangsgebäude des Neuen Museums von David Chipperfield. Gemessen daran sei die Wippe ein „Kleinstprojekt“ und wenn die Kosten hier steigen, müsse man diese „Mehrkosten woanders herbekommen“ - dafür werde er sich notfalls selbst verwenden.

Nooke spricht von einem "Freudenmal"

Was die beiden Politiker aus den unterschiedlichen Lagern eint ist die gemeinsame Vergangenheit als DDR-Bürger und Oppositionelle, die sich mit der gekippten Wippe um ein Stück ihrer Erinnerungskultur beraubt fühlen. „Freudenmal“ nennt Nooke das Werk in so einer typischen Wortschöpfung wie sie wohl nur früheren DDR-Bürgern gelingt und spricht davon, dass Millas „genialer Entwurf“ eine „Aufhebung der deutschen Geschichte im doppelten hegelianischen Sinne“ sei: Weil die Schale sich bewegen sollte, wenn sich genügend Gleichgesinnte auf einer Seite versammeln und das den Blick auf Berlin aus anderer Perspektive erlaube – ähnlich wie die vielen DDR-Bürger sich gemeinsam in Bewegung setzten, bis der Staat wippte und kippte.

Gleichgültig gegenüber einem drohenden Finanzdesaster, mit dem die Haushälter ihre Entscheidung rechtfertigten, sind Nooke und Thierse nicht. Sie halten das für vorgeschoben. Zumal Architekt Johannes Milla eine „Fixpreis-Garantie“ abgab. Es seien allerdings „bauherrenseitig Nebenkosten dazu addiert worden“, für Öffentlichkeitsarbeit, Gutachter und sogar Zahlungen für die umgesiedelten Fledermäuse – nicht schön- sondern gleichsam schlechtgerechnet mit Absicht. „Da kann man ausrasten“, sagt Nooke.

Es bleibt ein "skalpiertes Denkmaltorso"

Sind die Millionen für ein „skalpiertes Denkmaltorso“ (Milla) nun perdu? Diese „unangenehme Geringschätzung der Freiheitsrevolution von 1989“ will sich Thierse „nicht bieten lassen“. Dass andere ihr „Geschmacksurteil“ über das Einheitsdenkmal getroffen haben, sei legitim. Aber das Denkmal sei durch zwei Plenarbeschlüsse legitimiert. Und deshalb müsse das Aus für das Projekt dort, im Bundestag nämlich, auch beschlossen werden. Oder sind „die Deutschen nicht in der Lage, an die positiven Momente in ihrer Geschichte zu erinnern“? Ob das Duo aber Mehrheiten findet für ihren Vorstoß?

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false