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Der Pariser Platz - ein zu hartes Pflaster für die Kutschpferde?

© Doris Spiekermann-Klaas

Tierische Probleme im Parlament: Leidenschaftliche Debatte über Pferdekutschen in Berlin

Vor Wowereits Abschiedsrede wurde im Abgeordnetenhaus lebhaft über Kutschfahrten in der Berliner City diskutiert. Ist das Tierquälerei oder ein harmloses Vergnügen für Touristen?

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

„Die Berliner haben den Pferden viel zu verdanken, sie leisten auch heute noch wertvolle Arbeit in unserer Gesellschaft!“ Mit diesem Satz leitete der Pirat Philipp Magalski am Donnerstag im Parlament eine leidenschaftliche Debatte über die Frage ein, ob die Pferdekutschen aus der Berliner Innenstadt verbannt werden sollen. Regierungschef Klaus Wowereit musste mit seiner Abschiedsrede geduldig warten, bis das tierisch wichtige Thema besprochen war. Die Kutscherei, sagte Magalski, sei Tierquälerei, „allein zum Amüsement gut betuchter Touristen“. Abgase und starker Verkehr setzten den Pferden unnötig zu. „Helfen Sie uns bei der Beendigung des Leids.“

Er stieß damit nicht auf taube Ohren, aber doch auf Widerspruch. So verwies der SPD-Abgeordnete Daniel Buchholz darauf, dass in vielen Städten „auch ganz normale Touristen“ es genießen, mit einer Kutsche in Ruhe durch die Stadt zu fahren. Domestizierte Pferde, die auf Arbeit abgerichtet seien, täten dies relativ gern. Im übrigen sei die Kutschfahrt eine begrüßenswerte Form der Entschleunigung. Und mit den Leitlinien, die seit 2009 in Berlin gelten, seien die „schwarzen Schafe“ vom Markt genommen worden. Buchholz meinte damit die Kutscher, die ihre Tiere schlecht behandeln.

Einen Tag frei von Menschen

Noch entschiedener wies die CDU-Politikerin Cornelia Seibeld, Anwältin für Bau-, Verkehrs- und Pferderecht, das Ansinnen der Piraten zurück. Sie habe vor ihrer Rede mit Tierärzten gesprochen „und die sagen, sie hätten keine Bedenken, Pferde sind Nutztiere, sie wollen und müssen beschäftigt werden“. So manches Sportpferd, das fast den ganzen Tag in der Box stehe, sei sicher unglücklicher als Artgenossen, die vor einer Kutsche durch Berlin liefen. Außerdem stärke das Laufen auf Asphalt die Sehnen der Tiere. Trotzdem äußerte Seibeld einen Verbesserungswunsch: „Dass die Pferde keinen freien Tag in der Woche haben, das empfinde ich schon als Problem.“ Einen Tag, an dem sich die Tiere mal auf der Koppel „frei von Menschen“ bewegen könnten. Außerdem sollten die Kutschpferde ausreichend Raufutter fressen können, das müsse mit den zuständigen Bezirken geklärt werden.

Nur die Grüne Claudia Hämmerling sprang den Piraten ohne Wenn und Aber beiseite. Pferdekutschen seien anachronistisch und provinziell, die Tiere müssten sich durch dichten Straßenverkehr quälen und täglich vom Stadtrand bis in die City laufen. „Sind Sie schon mal zwei Stunden über Asphalt gelaufen?“, fragte Hämmerling ihre Kollegen. Den weichen Boden, um sich die Beine vertreten zu können, gebe es nicht. Auch die Linke Marion Platta beklagte die „lauten, stickigen, staubigen“ Berliner Straßen und es werde im Sommer zeitweise unerträglich heiß. Aber: Der Tierschutzbeauftragte Berlins sehe derzeit keine Probleme mit den Kutschen.

In den Fachausschüssen des Abgeordnetenhauses wird bald weiter diskutiert. Pferde müssen draußen bleiben.

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