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Berlin: Tod eines Radlers: Fahrer muss ins Gefängnis

Robert H. raste betrunken mit dem Auto nach Hause. Sein 17-jähriges Opfer war ohne Licht unterwegs

Tom war fast zu Hause. Er hielt sich mit seinem Mountainbike ganz rechts auf der gut ausgeleuchteten Straße Am Seegraben in Treptow. Der 17-jährige Lehrling fuhr in jener Nacht zwar ohne Licht, aber auf dem mit einer weißen Linie deutlich von der Fahrbahn abgetrennten und etwa einen Meter breiten Randstreifen. Autofahrer Robert H. hätte das erkennen können. Wenn er nüchtern gewesen wäre, wenn er nicht so gerast wäre. Aber er war betrunken. Er erfasste Tom P. von hinten und verletzte ihn tödlich. Als der Richter gestern das vergleichsweise harte Urteil verkündete, brach Robert H. weinend zusammen.

Im Prozess um fahrlässige Tötung und Gefährdung des Straßenverkehrs hatte der 39-jährige Fernmeldemonteur nur wenig gesagt. „Es tut mir wahnsinnig leid“, hauchte der Familienvater aus Adlershof. Sein Anwalt sprach von einer „unglücklichen Verkettung von Umständen“, von einem „außerordentlich schicksalhaften und bedauerlichen“ Unglück. Ein Sachverständiger aber kommt zu der Überzeugung: „Der Unfall hätte vermieden werden können.“

Robert H. war in der Nacht zum 30. März letzten Jahres in einem Jugendklub, gemeinsam mit seinem 18-jährigen Sohn René. Man feierte dort einen Geburtstag, trank Bier und Wodka. Vater H. hatte seine Musikanlage aufgebaut. Es war weit nach Mitternacht, als es zwischen seinem Sohn und einem anderen Jugendlichen zum Streit kam. Da verfrachtete H. seine Anlage in den Skoda „Octavia“ und setzte sich an Steuer. Hinten saßen René und dessen Freund.

Der Vater drückte aufs Gaspedal. Mit 1,75 Promille Alkohol im Blut, wie man später feststellte. Auf der Strecke, auf der nur Tempo 50 erlaubt ist, raste er mit mindestens 80 Stundenkilometern. Er überfuhr die durchgezogene weiße Linie. Er übersah den Radfahrer vor ihm. Tom P. wurde meterweit durch die Luft geschleudert. Der 17-jährige starb noch am Unfallort. Entsetzt soll Robert H. immer wieder gerufen haben: „Der hatte kein Licht, wie kann man ohne Licht fahren!“ Als die Lebensgefährtin von Robert H. dann zum Unfallort kam, saß er zitternd im Funkwagen und erklärte ihr: „Schatz, ich habe gerade einen Radfahrer totgefahren.“

Der Verteidiger plädierte auf eine Bewährungsstrafe gegen den bislang unbescholtenen Angeklagten. Weil Vater und Sohn aufgeregt gewesen seien wegen der Bedrohung im Jugendklub, weil der Radfahrer doch ohne Licht gefahren war. Vergleichbare Verfahren enden im Kriminalgericht Moabit meistens mit Bewährungsstrafen.

Der Richter aber setzte ein deutliches Zeichen gegen Alkohol am Steuer. Er ging auch nicht von einer Mitschuld des Opfers aus. „Der Unfall ist ausschließlich auf die alkoholische Beeinflussung des Angeklagten zurückzuführen“, hieß es im Urteil. Gegen Robert H. erging eine Strafe von zwei Jahren und acht Monaten Gefängnis. Außerdem wurde gegen ihn eine fünfjährige Führerscheinsperre verhängt. Toms Vater saß mit im Saal. Er zuckte zusammen, als Robert H. und sein Sohn fast gleichzeitig in Tränen ausbrachen. Die Trauer des Vaters ist stärker als seine Wut. „Die Freiheitsstrafe bringt mir meinen Sohn nicht zurück“, sagte er leise.

Kerstin Gehrke

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