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Berlin: Tod eines Wunschkindes

Ein 21-jähriger Vater steht vor Gericht, weil er sein Baby umgebracht haben soll

Der kleine Alex war willkommen. Seine Eltern waren zwar jung, überfordert aber fühlten sie sich nicht. „Dass ein Kind schreit, ist doch normal“, sagt Lukasz D., sein Vater. „Mein Kind hat mich nie genervt“, versichert der 21-jährige Germanistik-Student aus Polen. Dann laufen ihm wieder Tränen übers Gesicht. Alex wurde nur vier Monate alt. Schuld am Tod des Jungen war aus Sicht der Anklage der Vater, der seit gestern wegen Körperverletzung mit Todesfolge vor Gericht steht.

Lukasz D. soll das Baby derart heftig geschüttelt haben, dass das Kind Hirnblutungen erlitt. Spätestens durch die ersten unkontrollierten Bewegungen des kindlichen Kopfes sei dem Vater die Gefährlichkeit seiner Handlungen deutlich geworden, heißt es in der Anklage. Lukasz D. hört mit gesenktem Kopf zu. Er scheint am Boden zerstört. Er macht sich Vorwürfe. Rohe Gewalt aber bestreitet er. „Mein Sohn ist der Letzte, dem ich so etwas antun könnte.“ Es stimme, dass er das Kind schüttelte. „Ein oder zwei Mal, weil er reglos war. Ich dachte, dass ich etwas Gutes gemacht habe“, schluchzt der Vater.

Der junge Vater war im Herbst letzten Jahres für einige Tage allein mit dem Jungen in der Lankwitzer Wohnung, während seine Verlobte in ihrer polnischen Heimat etwas zu erledigen hatte. „Ich kam immer supergut mit dem Kind klar“, sagt der Angeklagte. Niemand habe Bedenken gehabt, ihm das Baby allein zu überlassen. In der Nacht zum 2. November aber sei Alex anders als sonst gewesen. Mehrfach sei der Junge aufgewacht und habe ungewöhnlich heftig geschrieen. Lukasz D. beschreibt, wie er den Jungen gewindelt, gefüttert und immer wieder sanft in den Schlaf geschaukelt habe.

„Dann aber hörte ich ein Strampeln“, erklärt der Vater. Kurz darauf habe Alex nicht mehr reagiert. „Ich nahm ihn hoch, sein Kopf hing runter. Es war schrecklich, ich habe Panik bekommen.“ In diesem Moment habe er seinen Sohn auch geschüttelt. „Ich wollte, dass er aufwacht.“ Dass ein Schütteln für ein Baby lebensgefährlich ist, will der Angeklagte nicht gewusst haben. Alex habe noch ein paar Mal mit einem „schnarchenden Geräusch nach Luft geschnappt“. Dann aber seien die Fingernägel blau angelaufen.

Statt sofort den Rettungsdienst zu alarmieren, lief D. mit dem Jungen zunächst zu einer Nachbarin. Angeblich wusste er die Telefonnummer nicht. Die Ärzte konnten Alex nicht mehr retten. Der Vater und die 21-jährige Mutter entschieden sich für eine Organtransplantation. „Wir wollten, dass er auf diese Weise weiterlebt“, sagt der Angeklagte, der nach dem Tod des Jungen verhaftet und kurz vor Weihnachten freigelassen worden war. Inzwischen hat sich das Paar getrennt. Die Mutter soll am Mittwoch als Zeugin gehört werden. K. G.

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