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Berlin: Todesschüsse auf Ukrainer

Prozess wegen Doppelmordes: Maurer beruft sich auf Notwehr

Der Fall begann als eine mysteriöse Vermisstensache, wurde aber schnell zu einem mutmaßlichen Doppelmord. Einen Tag nach einem geplanten Kauf eines Autos Anfang Januar dieses Jahres war der ausgebrannte Honda zweier Ukrainer in Mecklenburg-Vorpommern entdeckt worden. Von den Insassen fehlte jede Spur. Erst vier Monate später wurden die Leichen der beiden Autohändler aus einem See geborgen. Der Kaulsdorfer Maurer René P. soll die beiden Männer umgebracht haben, als er eigentlich nur einen Geländewagen an die beiden verkaufen wollte.

„Ich und mein Bruder hatten ein Loch in den zugefrorenen See gesägt, die Leichen mit Steinen beschwert und versenkt“, sagte René P. gestern im Prozess wegen Doppelmordes vor dem Berliner Landgericht. Der 42-jährige gab zu, dass es zu den tödlichen Schüssen auf Petro Pernay (39) und Alexandr Protsiouk (31) kam. P. berief sich aber auf Notwehr. Bei dem Treffen mit den beiden Ukrainern in seinem Haus in Kaulsdorf sei es zum Streit um den Verkaufspreis des Wagens gekommen, sagte der grauhaarige Angeklagte. „Der Kumpel von Petro schubste mich, ich wehrte mich mit Pfefferspray.“ Als sich Petro wieder zu ihm umdrehte, habe er eine Pistole in der Hand gehalten. „Ich drehte den Lauf weg von mir, da löste sich ein Schuss, Petro fiel um.“ Weil der andere Ukrainer ein Messer zückte, habe er abgedrückt. „Ich schoss aus purer Angst.“

Die Staatsanwaltschaft geht von einem etwas anderen Geschehen aus. Sie will beweisen, dass René P. die Ukrainer erst mit Pfefferspray außer Gefecht setzte und dann aus Angst vor Rache der Russenmafia mit einer Waffe erschoss, die in seinem Büro lag. Als die beiden Opfer nach dem Angriff mit dem Spray auf dem Boden lagen oder knieten, habe P. „spontan überlegt, dass er sie nicht einfach laufen lassen könne“, heißt es in der Anklage. Weil er blutige Rache der Autohändler befürchtet habe.

René P. versicherte schluchzend: „Es ist tragisch und traurig, aber ich kann nichts dafür.“ Nach dem tödlichen Streit um den Verkaufspreis seines Autos, für das er 12000 Euro verlangt hatte, rief er seinen Bruder Karsten an: „Ich hatte Stress mit den Ukrainern, sie liegen tot im Keller, du musst mir helfen.“ Angeblich riet ihm sein wegen Beihilfe zur Brandstiftung mitangeklagter Bruder, die Polizei zu alarmieren. „Kein Schwein hätte mir geglaubt, und ich hatte Angst vor dem Gefängnis“, meinte René P. nun.

Die Brüder machten sich an die Beseitigung der Spuren. Sie hievten die Leichen in einen Kleintransporter – zusammen mit einer Kettensäge, einer Schubkarre und einem Benzinkanister. In der Nähe des Ortes Mirow stellten sie den Honda der Opfer ab. „Ich habe das Auto allein angezündet“, sagte René P., um seinen fünf Jahre jüngeren Bruder zu entlasten. Die Pistole warf er in einen Fluss. Eine Woche nach den tödlichen Schüssen wurde René P. festgenommen. Da war es noch ein Doppelmord ohne Leichen. Der Prozess geht am Freitag weiter.

Kerstin Gehrke

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