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Schwer zu fassen. Am Dienstagabend fanden sich 400 Menschen ein, um den ermordeten Kindern Elias und Mohamed zu gedenken.

© Ralf Hirschberger/dpa

Trauerfeier für Elias und Mohamed: "Plötzlich war er weg"

400 Menschen kamen am Dienstagabend im brandenburgischen Schlaatz zusammen, um der ermordeten Kinder Elias und Mohamed zu gedenken. Wut und Angst seien jetzt schlechte Ratgeber

Aufgeregt waren die beiden Jungs, die am Dienstagabend vor dem Bürgerhaus standen – inmitten von rund 400 Teilnehmern der Gedenkveranstaltung vor dem Bürgerhaus am Schlaatz.

Sie hätten oft mit Elias gespielt, sagten sie und hielten ihre Kerzen höher. Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) beugte sich etwas nach unten und fragte neugierig nach. „Kanntet ihr euch?“ „Ja, wir waren Freunde. Und plötzlich war er weg.“

Wie alle anderen auf der Trauerfeier für den vierjährigen Mohamed aus Berlin und den sechsjährigen Elias ist die Gewissheit auch Tage nach der schockierenden Nachricht nur schwer erträglich. Der mutmaßliche Doppelmörder Silvio S. soll beide getötet haben, wie er am Freitag in einer Vernehmung selbst einräumte. Jetzt stehen die Menschen hier in der kalten Dunkelheit und versuchen, zu verarbeiten und Abschied zu nehmen.

Zu der stillen Gedenkveranstaltung im Stadtteil Schlaatz hatten die Stadt Potsdam sowie die beiden Kirchen der Landeshauptstadt eingeladen. Bei dem Treffen wurden Kerzen an die Besucher verteilt und ein Kondolenzbuch ausgelegt. Seelsorger kümmerten sich um Menschen, die ihre Tränen nicht zurückhalten konnten. Wie es vielen in den vergangenen Tagen erging, die immer wieder an die Treppe vor dem Bürgerhaus kamen. Dort stapelten sich am Dienstag regelrecht die Kerzen, Blumen, und Stofftiere in Gedenken an die Kinder. Die Treppe zu einer Grasfläche war nur noch über einen schmalen Durchlass zu betreten.

Zusammenstehen, wenn die Not am größten ist

Oberbürgermeister Jakobs drückte der Familie von Elias in einer kurzen Ansprache sein Mitgefühl aus. „Wir stehen hier bestürzt und fassungslos über die Grausamkeit dieser Taten“, sagte er. Jakobs dankte den vielen freiwilligen Helfern, die wochenlang nach Elias’ Verschwinden im Juli nach dem Jungen gesucht hatten. Dies habe „Potsdam, dem Land, einfach allen gezeigt, wozu unsere Gesellschaft fähig ist: zusammenzustehen, wenn die Not am größten ist“, sagte er.

Es seien unschuldige Kinder gewesen, die vertrauensvoll in die Zukunft geblickt hätten. Sie seien getötet worden von einem Menschen, der „völlig unauffällig unter uns gelebt hat“. Wut und Angst seien aber jetzt schlechte Ratgeber, sagte Jakobs. Wichtig sei nun, genau zu wissen, was wirklich passiert sei am 8. Juli, dem Tag, an dem Elias spurlos verschwand. Hier habe er aber volles Vertrauen in die Arbeit der Polizei, so Jakobs.

Man muss viel Geduld haben, um das zu überstehen

Der Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Potsdam, Joachim Zehner, sagte, Elias und Mohamed seien „uns brutal entrissen worden“. Nun gelte es, geschlossen und in der Trauer vereint zu sein. „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem“, zitierte Zehner die Bibel.

Der Probst der katholischen Kirche Potsdams, Klaus-Günter Müller, erinnerte an die fünfjährige Inga, die im Mai in einem Wald bei Stendal (Sachsen-Anhalt) verschwand. Hier bestehe noch Hoffnung. Von dem Mädchen fehlt jede Spur. Auch der Vorsitzende des Vereins der Muslime in Potsdam, Kamal Mohamed Abdallah, war bei der Veranstaltung dabei. „Uns fehlen die Worte, wir sind tief betroffen“, sagte er dem Tagesspiegel. Im Islam sage man in solchen Situationen, dass man viel Geduld haben müsse, um die schwierige Lage zu überstehen.

Drei Kerzen, davon eine für Inga

Müller und Zehner entzündeten anschließend drei Kerzen – je eine für Mohamed, Elias und Inga. Die Kerze für das Mädchen werde als Zeichen der Hoffnung entfacht, sagte Zehner. Im Anschluss an die kurze Trauerfeier schrieben sich viele Menschen in das Kondolenzbuch ein, das die Stadt ausgelegt hat. Es soll in den kommenden Tagen im Bürgerhaus bleiben. Ob es dann noch einmal in der Nikolai- oder der Sternkirche ausgelegt wird, ist noch nicht entschieden.

Auch im Rathaus von Luckenwalde (Teltow-Fläming) und im Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) in Berlin liegen Kondolenzbücher aus. Dort war der vierjährige Mohamed aus Bosnien am 1. Oktober entführt worden. Auch im Internet gibt es bereits ein Online-Kondolenzbuch für Elias und Mohamed.

Wie die Beerdigung stattfinden wird ist noch unklar

Unklar ist, wann und in welcher Form die Beerdigung des Leichnams von Elias stattfinden wird. Geklärt werden muss noch, ob die Familie eine große Trauerfeier haben oder sich eher im Stillen verabschieden möchte. Bis Dienstagabend waren die gerichtsmedizinischen Untersuchungen zudem noch nicht abgeschlossen. Es wird noch dauern, bis die Trauer überwunden werden kann. Der ermordete vierjährige Flüchtlingsjunge Mohamed soll am Donnerstag nach islamischem Ritus auf dem Landschaftsfriedhof Berlin-Gatow beerdigt werden, wie der Anwalt der Familie mitteilte.

Stefan Engelbrecht

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