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Trauerfeier für Tissy Bruns in der Kirche "Zum guten Hirten" in Berlin-Friedenau.

© Kai-Uwe Heinrich

Trauerfeier in Friedenau: Abschied von Tissy Bruns

Viele Weggefährten waren gekommen, um bei einer Trauerfeier die Chefkorrespondentin des Tagesspiegels zu würdigen.

Es passiert sicher nicht allzu oft, dass die Kirche „Zum guten Hirten“ in Friedenau für eine „evangelische Atheistin“ bis auf den letzten Platz besetzt ist. So beschrieb Pfarrer Andreas Schorlemmer die politische Chefkorrespondentin des Tagesspiegels, Tissy Bruns. Am Montagmorgen hatten sich Familie, Freunde und viele Prominente aus Politik und Medien versammelt, um Abschied zu nehmen. Es war ein großer, anrührender Abschied von „einer sozialen Demokratin und demokratischen Sozialistin“, wie Franz Müntefering die mit 62 Jahren viel zu früh gestorbene Kollegin in einer bewegenden Ansprache nannte. Schorlemmer nahm die Bergpredigt als Bogen zwischen einer atheistisch geprägten Persönlichkeit, die mit einer veränderungsresistenten Kirche zwar nicht viel anfangen konnte, aber durch ihre unermüdliche Suche nach Gerechtigkeit mit manchen Inhalten doch übereinstimmte.

Dass sie, die angesehene Journalistin, auch ein Familienmensch war, machte Klaus Naumann deutlich. Mit der Geburt ihres Sohnes Tim, sagte der Wegbegleiter aus alten Zeiten und heutige Historiker am Hamburger Institut für Sozialforschung, habe Tissy Bruns schließlich auch die Wende vollziehen können von der radikalen Politik, die sie noch mit der DKP durchsetzen wollte, zu einer pragmatischen Politik, in deren Mittelpunkt der „common sense“ stand.

Ihr emphatisches Eintreten für eine gerechte Gesellschaft kam in der sonnendurchfluteten Kirche immer wieder zur Sprache, vor allem aber ihre Charaktereigenschaften, ihre Aufrichtigkeit, ihre unermüdliche Art, den politischen Dingen auf den Grund zu gehen. Sie sei eine Journalistin gewesen, der er vertraut habe, sagte Müntefering, und das sei das Beste, was ein Politiker über eine Journalistin sagen könne. Nach dem gemeinsamen Interviewbuch hatten sich die beiden noch für dieses Frühjahr für ein weiteres Buchprojekt verabredet.

Vor etwa einem Monat sagte sie der Familie, dass sie in zehn bis zwanzig Tagen sterben würde. Sie hat auch hier Recht behalten. Die große Tapferkeit und die Demut, mit der sie den Krebs ohne Hader zwei Jahre lang ertragen hat, beschrieb ihre Freundin Julia Albrecht, und auch den Mut ihres Mannes Jochen Dietrich, der ihr das Hospiz erspart hat und sie bis zum Ende zu Hause gepflegt hat. Robert Birnbaum, Reporter im Parlamentsbüro dieser Zeitung, sagte, dass er sich vorstelle, dass die verstorbene Kollegin irgendwie weiterhin dabei sei unter den vielen Weggefährten, die damals gemeinsam den Weg von der Bonner in die Berliner Politik gemacht hatten. Gekommen waren unter anderen Sigmar Gabriel, Wolfgang Thierse, Ulrich Deppendorf, Frank-Walter Steinmeier, Olaf Scholz, Michael Naumann, Thomas Nehls, Cornelia Quennet-Thielen und Monika Maron.

Diejenigen, die schon in Bonn politischen Journalismus betrieben haben, bildeten „eine unsichtbare Bruder- und Schwesternschaft“, sagte Birnbaum. Zum Ausklang traf sich die Trauergesellschaft in der „Ständigen Vertretung“.

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