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Berlin: Traumberuf ade: Jugendliche finden keine Lehrstelle Wirtschaftsflaute – auch bei Ausbildungsplätzen

Von Annette Kögel Für junge Leute wird es immer schwieriger, eine Lehrstelle zu finden. In Berlin waren zuletzt 13 468 Ausbildungsplatzbewerber gemeldet – aber nur 4 449 offene Stellen, so die Zahlen des Landesarbeitsamtes Berlin-Brandenburg.

Von Annette Kögel

Für junge Leute wird es immer schwieriger, eine Lehrstelle zu finden. In Berlin waren zuletzt 13 468 Ausbildungsplatzbewerber gemeldet – aber nur 4 449 offene Stellen, so die Zahlen des Landesarbeitsamtes Berlin-Brandenburg. Immer mehr Jugendliche müssen sich arbeitlos melden oder drehen Warteschleifen in Lehrgängen an Oberstufenzentren: Vor fünf Jahren waren es noch 8500 junge Leute, im kommenden Schuljahr rechnet die Bildungsverwaltung mit 12 700. Flaute also auf dem Lehrstellenmarkt – und aus Sicht der ausbildenden Betriebe wird 2002 „zumindest ein schwieriges Jahr“, heißt es bei der IHK.

„Es tut uns Leid, Ihnen mitteilen zu müssen . . .“ Unzählige junge Berliner erhalten derzeit solche Briefe - 38 000 Berliner haben mit Beginn der Sommerferien gerade ihre Schullaufbahn beendet. „Die meisten haben sich längst vom Traumberuf verabschiedet“, sagt Klaus Pohl, Pressesprecher des Landesarbeitsamtes. Aufgrund der vielen Konkurse bei den IT-Firmen sieht es inzwischen selbst bei Informatikjobs eher schlecht aus. Bessere Chancen gibt es mittlerweile in der Metall- und Elektrobranche sowie in den Bürofachberufen. . Doch längst nicht alle Jugendlichen und Firmen wenden sich ans Arbeitsamt. „Sie bewerben sich selbstständig oder übers Internet“, sagt Pohl. Deshalb liege die Zahl der Lehrstellenbewerber noch höher.

Die wirtschaftliche Notlage der Stadt spiegelt sich auch auf dem Lehrstellenmarkt wider: Seit Oktober vergangenen Jahres boten Berliner Betriebe insgesamt 10 471 neue betriebliche Ausbildungsplätze an – das sind 1033 weniger im Vergleichzeitraum des Vorjahres. Damit ist der Aufwärtstrend bei den Ausbildungsplätzen der vergangenen Jahre wieder gestoppt – auch deshalb, weil es für Firmen in Berlin keinen Obolus vom Land mehr für jede neu eingerichtete Lehrstelle gibt. „Wir versuchen, jetzt wenigstens wieder die Zahl aus dem Jahr 2000 zu erreichen“, sagt Jan Eder, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK und Mitglied der Sonderkommission Ausbildungsplätze beim Regierenden Bürgermeister. Damals boten Berliner Betriebe insgesamt 18 000 neue betriebliche Lehrstellen an. In Berlin gehen derzeit 62 500 Jugendliche in die Lehre – immer mehr werden danach nicht übernommen. Nur ein Viertel der Unternehmen bildet überhaupt noch aus. Bei der diesjährigen Vermittlungsrunde werden wieder knapp 2000 Jugendliche erst gar keine Lehrstelle bekommen, schätzt Pohl.

Die tatsächliche Anzahl der Berliner ohne Ausbildungsplatz liegt wesentlich höher, wie ein Blick in die 49 berufsbildenden Schulen und die 32 Oberstufenzentren zeigt. Hier drehen immer mehr Jugendliche ohne Lehrstelle Warteschleifen. So wird die Zahl der Plätze im „Vollzeitlehrgang elftes Schuljahr“ zum kommenden Schuljahr von 1500 auf 1650 aufgestockt, sagt Hartmut Hartmann, Abteilungsleiter für berufsbildende Schulen bei der Senatsverwaltung. In der einjährigen „Modularen Dualen Qualifizierungsmaßnahme“ befinden sich 1266 Jugendliche. Nächstes Jahr können nur 824 Plätze finanziert werden, obwohl sich 1363 junge Berliner beworben haben. An der Berufsfachschule machen derzeit 4842 Jugendliche einen der Realschule ähnlichen Abschluss, dort werden nun 5250 neu aufgenommen. Bei den berufsvorbereitenden Maßnahmen steigt die Zahl von 3000 auf 3872 Plätze.

Bis zu fünf Jahre tauchen Jugendliche ohne Job durch diese Auffang-Angebote nicht in der Arbeitslosenstatistik auf – belasten dafür aber den Schul-Etat: Ein Vollzeitschüler muss mit dreimal so viel Unterricht, Lehrerstunden und Arbeitsmaterial versorgt werden wie ein klassischer Lehrling.

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