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Berlin: Trennungsgeld-Affäre wieder vor Gericht Berufungsverfahren um Ex-Staatssekretär Stange

Potsdam - Bei der Aufarbeitung der Trennungsgeld-Affäre in Brandenburg ist nach fünf Jahren noch immer kein Abschluss in Sicht. Von den 1,7 Millionen Euro, die das Land von 223 oftmals hochrangigen Bediensteten wegen zu Unrecht bezogener Entschädigungszahlungen für getrennten Wohn- und Arbeitsort zurückfordert, sind bis jetzt erst 280 000 Euro an die Landeskasse zurückgeflossen.

Potsdam - Bei der Aufarbeitung der Trennungsgeld-Affäre in Brandenburg ist nach fünf Jahren noch immer kein Abschluss in Sicht. Von den 1,7 Millionen Euro, die das Land von 223 oftmals hochrangigen Bediensteten wegen zu Unrecht bezogener Entschädigungszahlungen für getrennten Wohn- und Arbeitsort zurückfordert, sind bis jetzt erst 280 000 Euro an die Landeskasse zurückgeflossen. Das sagte Staatskanzleichef Clemens Appel (SPD) am Mittwoch dem Tagesspiegel. Der Grund: Viele Betroffene wehren sich mit allen juristischen Mitteln. Laut Appel sind derzeit „noch 100 Verfahren anhängig“. Das heißt, jeder zweite Fall ist noch nicht abgeschlossen. In etwa 30 Fällen hätten Bedienstete Widerspruch gegen die Rückforderungsbescheide eingelegt. Weitere 68 Bedienste, bei denen der Widerspruch bereits abschlägig beschieden wurde, hätten das Land vor Verwaltungsgerichten verklagt.

Die Trennungsgeld-Affäre war mit dem Fall des früheren Justizstaatssekretärs Gustav-Adolf Stange ausgelöst worden, der ab heute vor dem Potsdamer Landgericht neu aufgerollt wird. Stange hatte Berufung gegen ein Urteil des Potsdamer Amtsgerichtes eingelegt, dass den Staatssekretär des damaligen Justizministers Kurt Schelter (CDU) wegen versuchten Betrugs zu vier Monaten Haft auf Bewährung verurteilt hatte. Das Amtsgericht sah es als erwiesen an, dass Stange im Jahr 2000 bei zwei Trennungsgeld-Anträgen bewusst falsche Angaben gemacht hatte, um sich 28 000 Euro zu erschleichen. Der Tagesspiegel hatte den Fall 2003 aufgedeckt, worauf staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen Stange sowie eine groß angelegte Überprüfung der Trennungsgeld-Praxis in der Justiz, später in der gesamten Landesverwaltung ausgelöst wurde. Trennungsgeld erhalten Beamte für eine Übergangszeit, wenn sie an einen neuen Dienstort versetzt werden, um etwa eine Zweitwohnung halten zu können. Voraussetzung ist allerdings, dass sie mit ihrer Familie an den neuen Dienstort umziehen wollen. Doch wie unabhängige Kommissionen bei der Überprüfung der Brandenburger Praxis feststellten, wollten die nach der Wende gekommenen Aufbauhelfer aus dem Westen in vielen Fällen gar nicht mit ihren Familien nach Brandenburg umziehen – unternahmen etwa keinerlei Bemühungen zur Wohnungssuche – und kassierten das Trennungsgeld trotzdem. Verwickelt waren Gerichtspräsidenten, Richter, Staatsanwälte, Hochschullehrer und Ministerialbeamte.

Im Januar 2004 sprach Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) von einem „Anspruchsverhalten, bei dem einem die Spucke wegbleibt“ und kündigte umfassende Aufklärung an. 2007 legte die Landesregierung den Abschlussbericht zur Aufarbeitung der Affäre vor. Diesem zufolge gab es die höchsten Rückforderungen im Bereich des Wissenschaftsministeriums (954 000 Euro) gefolgt vom Justizressort (431 000 Euro). Thorsten Metzner

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