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Neue Berliner Gemütlichkeit: das Tucholsky's in der Torstraße in Mitte.

© Klaus Lange / promo

Von TISCH zu TISCH: Tucholsky's

Neuer Inhaber, neues Interieur, neuer Küchenstil: Nach der Frischzellenkur ist das Traditionslokal an der Torstraße erst recht eine Empfehlung wert

Das ist mal eine gelungene Neuerung. Tucholsky’s war lange ein Kultlokal unter den Alteingesessenen im heute so hippen Torstraßenviertel. Mit der deftigen deutschen Küche wandte es sich dann schnell an den Geschmack der Touristen, die zwischendurch mal auf Sushi-Diät gehen und authentisch berlinisch mampfen wollten. Vor einiger Zeit hat ein Barbesitzer aus der Nähe das Restaurant übernommen und mit viel Geschick renovieren lassen. Jetzt dominieren die Farben Blau und Anthrazit, Bänke und Stühle sind mit Samt bezogen, moderne Kunstwerke ziehen die Blicke der Speisenden an. Die Bar wurde zugunsten einer neuen Sitzecke verkleinert und verlegt. Die Kellner tragen Hut und Mütze; sie sind nicht superflott, aber gutwillig und freundlich und werden immerhin von einer ganz professionell wirkenden Restaurantleiterin dirigiert.

Die Speisekarte: kleiner und feiner

Das selbstgebackene Gewürzbrot zum kühlen Rieslingsekt (7 Euro) aus der Pfalz machte einen guten ersten Eindruck. Getränke- und Speisekarte haben sich erheblich verkleinert – aber mit Gewinn. Im Angebot sind deutsche, französische und italienische Weine, gut ausgewählt für den eher klassischen Geschmack. Wir blieben auch während des Essens beim unaufdringlichen Pfälzer Riesling, der dem Mahl eine erfrischende Note gab (22 Euro). Die Maronen-Sellerie-Suppe punktete gleich am Anfang mit Apfelwürfeln und wirklich knusprigen Thymiancroutons. Hier stimmt die Technik, aber vor allem auch die Geschmacksabstimmung, mit der die süße Note im pikanten Vorgericht ausgereizt, aber nicht überzogen wurde (6,50 Euro).

Crossover? Muss nicht sein

Eine eigene Note besaß auch der Wintersalat, dessen Blätter sich aalten in einem geschickt abgestimmten Dressing zwischen säuerlich und süß. Walnusskrokant addierte den Knuspereffekt, Liebstöckel und vor allem die schneeweißen Scheiben von der Anisbirne zeigten, dass man auf Crossover und Asia-Effekte gut verzichten kann, wenn es darum geht, eine moderne deutsche Küche auf den Tisch zu bringen (8,50 Euro). Bei der zarten, klassisch gefüllten Roulade vom Brandenburger Weiderind gab es dann eine gelungene italienische Anleihe mit der schönen Barolo-Grappa- Sauce. Wenn Bar-Besitzer und Koch mal zusammen einen trinken, entsteht vielleicht irgendwann sogar eine Dornfelder- Jägermeister-Sauce, wer weiß. Dazu gab es einen Kartoffelkloß wie vom Herd der guten Hausfrau und außerdem fruchtig schmeckenden Apfelrotkohl in einer Extraschüssel (17 Euro).

Tolle Kruste, frisches Kraut

Schwein ist natürlich auch eine Spezialität, die man in einer Stadt wie Berlin möglichst in Bestform suchen würde. Die zwei Scheiben Krustenbraten vom Apfelschwein überzeugten absolut. Die Kruste war in Gestalt von kleinen, köstlichen, leider auch heftig fetthaltigen Chips darüber gestreut. Die kräftige Dunkelbiersauce war stimmig, der Semmelknödel erfreute mit erkennbarem Semmelgeschmack und das extra servierte Sauerkraut war kein bisschen glitschig oder matschig, aber auch nicht zu trocken und mit Wacholder angenehm gewürzt (17 Euro). Beim Tannenhonigparfait gab’s ein Wiederschmecken mit dem Walnusskrokant (7 Euro). Mit Rosmarin bekam das gar nicht mal zu süße Dessert noch eine würzige Note. Und auch das Pflaumenkompott dazu unterstrich noch einmal die Neigung des Kochs, mit Gewürzen so zu spielen, dass ungewöhnliche, aber nicht verstörende Geschmackserlebnisse zustande kommen. Der Herkunft der Rezepte bleibt er immer verpflichtet.

- Tucholsky’s. Torstr.189, Mitte, Tel. 27582053. Täglich ab 18 Uhr, warme Küche bis 1 Uhr

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